Leitsatz (amtlich)

§ 22 ZPO ist auf Streitigkeiten unter den Mitgliedern einer Anwaltssozietät (GbR) anwendbar.

 

Normenkette

ZPO §§ 22, 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 2 O 95/03)

 

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Gründe

Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO liegen nicht vor. Zwar haben die Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand in unterschiedlichen Gerichtsbezirken (Bonn und Köln). Sie sollen auch als Streitgenossen in Anspruch genommen werden. Es gibt jedoch einen gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand, nämlich den der Mitgliedschaft nach § 22 ZPO, an dem alle Beklagten verklagt werden können, so dass es der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes nicht bedarf.

Nach § 22 ZPO ist das Gericht, bei dem Gesellschaften den allgemeinen Gerichtsstand (§ 17 ZPO) haben, für Klagen zuständig, die von ihnen gegen ihre Mitglieder oder von den Mitgliedern in dieser Eigenschaft gegeneinander erhoben werden. Hierdurch sollen Rechtsstreitigkeiten, die die inneren Rechtsbeziehungen der Personenvereinigungen betreffen, beim Gericht des Sitzes konzentriert werden (BGHZ 76, 235). Die Vorschrift ist auf Streitigkeiten unter den Mitgliedern einer Anwaltssozietät anwendbar. Eine Sozietät von Rechtsanwälten ist nach allgemeiner Auffassung eine BGB-(Außen-)Gesellschaft (Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl., § 705 Rz. 49 m.w.N.). § 22 ZPO gilt für alle unter § 17 ZPO fallenden Personenvereinigungen (Stein/Jonas/Schumann, 20. Aufl., § 22 Rz. 6; Hausmann in Wieczorek/Schütze, 3. Aufl. 1994, § 22 Rz. 3). Darunter fiel nach herkömmlichem Verständnis die BGB-Gesellschaft nicht, da ihr keine Rechtspersönlichkeit zuerkannt wurde (RG JW 1918, 742; RG SeuffArchiv 56, 191; OLG Hamburg HGZ 1936, 288; BayObLG v. 22.2.1990 – AR 1 Z 12/90, NJW-RR 1990, 742; v. 3.4.1990 – AR 1 Z 30/90, NJW-RR 1990, 1020; Stein/Jonas/Schumann, 20. Aufl., Rz. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 58. Aufl., § 22 Rz. 2; Patzina in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. 2000, § 22 Rz. 3; Thomas/Putzo, 22. Aufl. 2000, § 17 Rz. 1). Dies ist nach neuerem Verständnis allerdings anders. Der BGH hat sich in seinem Urteil (BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, BGHReport 2001, 237 = MDR 2001, 459 = AG 2001, 237; ferner v. 23.10.2001 – XI ZR 63/01, BGHReport 2002, 69 = MDR 2002, 222 = NJW 2002, 368) nunmehr der in der Lit. bis dahin bereits stark vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach die nach außen im Rechtsverkehr als Gesellschaft auftretende BGB-Gesellschaft Rechtsfähigkeit besitzt. Diese Auffassung hat sich – soweit dem Senat ersichtlich – bereits weitgehend in der Praxis der Rechtsanwendung durchgesetzt, und auch der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Damit ist aber kein Grund ersichtlich, an der zu §§ 17 und 22 ZPO früher vertretenen Meinung festzuhalten. Sie ist überholt. Richtig ist vielmehr, auch bei der BGB-(Außen-)Gesellschaft einen allgemeinen Gerichtsstand anzunehmen (§ 17 ZPO), der durch den Sitz der Gesellschaft bestimmt wird, sofern es einen solchen gibt, und diesen auch für Streitigkeiten der Gesellschaft gegen die Gesellschafter oder der Gesellschafter untereinander maßgeblich sein zu lassen (OLG Celle v. 16.5.2001 – 4 AR 33/01, OLGReport Celle 2001, 198 [199]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 17 Rz. 5 und § 22 Rz. 2; Hausmann in Wieczorek/Schütze, 3. Aufl. 1994, § 22 Rz. 3; Thomas/Putzo, 24. Aufl. 2002, § 17 Rz. 1; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 61. Aufl. 2003, § 22 Rz. 2).

Es handelt sich um eine Klage von Mitgliedern als solchen gegeneinander. Hierzu ist erforderlich, dass die Klage das Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft als solches betrifft, also Rechte aus der Mitgliedschaft zur Gesellschaft geltend gemacht werden (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 22 Rz. 6 f.). Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Klage gegen bereits ausgeschiedene Mitglieder gerichtet wird; die Mitgliedschaft braucht im Zeitpunkt der Klage nicht mehr zu bestehen (OLG Celle VersR 1975, 993; LG Bochum v. 20.5.1986 – 12 O 67/86, GmbHR 1987, 23 = AG 1987, 322 = ZIP 1986, 1386; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 22 Rz. 5). Entscheidend ist allein, ob es um mitgliedschaftliche Ansprüche geht. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn private Ansprüche (etwa aus Rechtsgeschäft oder Delikt) in Rede stehen. Eine Differenzierung nur nach der Art des (mitgliedschaftlichen) Anspruchs kommt hingegen nicht in Betracht. Insofern ist nicht von Bedeutung, ob auf den Anspruch direkt oder entspr. die Regelungen über die Nachhaftung anwendbar sind, oder ob es sich um einen Anspruch handelt, der nur im Rahmen einer Auseinandersetzung der Gesellschaft geltend gemacht werden kann. Beides wären mitgliedschaftliche Ansprüche, die am Gerichtsstand des § 22 ZPO geltend gemacht werden können. Um einen solchen Anspruch handelt es sich hier. Der Kläger stützt den geltend gemachten Anspruch auf Rentenzahlung auf...

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