Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 11 O 112/04)

 

Nachgehend

OLG Köln (Urteil vom 21.04.2009; Aktenzeichen 18 U 78/05)

 

Tenor

Soweit die Klägerin Verzugszinsen auf Forderungen aus dem Interconnection-Vertrag geltend macht, soll die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft zur Beantwortung der nachfolgenden Frage vorgelegt werden:

Steht eine nationale Regelung, dass es für die den Eintritt des Schuldnerverzugs vermeidende oder den eingetretenen Schuldnerverzug beendende, per Banküberweisung abgewickelte Zahlung nicht auf den Zeitpunkt der Gutschrift des Betrages auf dem Gläubigerkonto, sondern auf den Zeitpunkt des von dem Schuldner bei ausreichender Kontodeckung oder entsprechendem Kreditrahmen erteilten und von der Bank angenommenen Überweisungsauftrags ankommt, in Einklang mit Art. 3 Abs. 1 lit. c) ii) der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.6.2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr?

 

Gründe

I. Die eingangs formulierte Frage stellt sich in einem Rechtstreit, in dem die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Verzugszinsen wegen vermeintlich zu spät gezahlter Rechnungsentgelte in Anspruch nimmt.

Im Einzelnen liegt dem folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien befassen sich mit dem Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit und für Netzbetreiber. Die Beklagte bietet darüber hinaus für andere Netzbetreiber - wie die Klägerin - Fakturierungsleistungen an.

1. Die Parteien stehen seit 1998 in einem durch eine Zusammenschaltungsvereinbarung bzw. einen "Interconnection-Vertrag" (im Folgenden auch: "IC-Vertrag") geregelten gegenseitigen Leistungsaustausch. Die in diesem Rahmen jeweils erbrachten Leistungen stellen sie sich wechselseitig in Rechnung und verrechnen daraus resultierende Rechnungsentgelte. Der erwähnte IC-Vertrag wurde in der Folgezeit mehrfach geändert, zuletzt durch Beschluss der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 25.10.2002. Unter den Abschnitten 17.4 und 17.5 des IC-Vetrages in der von beiden Parteien zugrundegelegten Fassung vom 26.6.2002 finden sich die nachfolgenden Bestimmungen betreffend die Fälligkeit und den Zahlungsverzug:

"17.4 Fälligkeit

Die Entgeltforderungen zwischen den Vertragspartnern werden mit Zugang der Rechnung fällig.

Der Rechnungsbetrag ist auf ein in der Rechnung angegebenes Konto zu zahlen.

17.5 Zahlungsverzug

Der Verzug tritt, sofern er nicht bereits mit einer Mahnung begründet wurde, 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung ein.

Kommt einer der Vertragspartner mit den Zahlungen in Verzug, so wird folgender Schadensersatz berechnet:

I. Verzugszinsen i.H.v. 8 % über dem im Verzugszeitraum geltenden Basiszinssatz gem. § 247 des Bürgerlichen

Gesetzbuchs (BGB);...".

2. Im Jahre 2001 haben die Parteien überdies einen sog. Fakturierungs- und Inkassovertrag (im Folgenden: F+I-Vertrag) unter Einbezug Allgemeiner Geschäftsbedingungen und einer "Leistungsbeschreibung Fakturierung und Inkasso" geschlossen, die unter Ziff. 8 folgende, auszugsweise wiedergegebene Klausel enthält:

"Der Vertragspartner kann jeweils in der Mitte und am Ende eines Kalendermonats in einer Rechnung die von ihm gelieferten und von der ... als fakturierbar erkannten Nettoentgelte zu den Leistungen zzgl. Umsatzsteuer mit der ... abrechnen ... Der Rechnungsbetrag muss spätestens 30 Tage nach dem Zugang der Rechnung auf dem in der Rechnung angegebenen Konto gutgeschrieben oder verrechnet sein."

3. Die Klägerin vertritt die Auffassung, die letztgenannte, in dem F+I-Vertrag enthaltene Regelung, nach welcher es zur Vermeidung oder Beendigung des Verzugs und damit der Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen u.a. auf den Eingang bzw. die Gutschrift des Rechnungsbetrags ankomme, sei auch bei dem IC-Vertrag anzuwenden. Dies entspreche einer durch entsprechende praktische Übung zwischen den Parteien zustande gekommenen Vereinbarung. Sie verlangt von der Beklagten daher Zahlung von Verzugszinsen, die sie jeweils für einen Zeitraum ermittelt, der mit dem 30. Tag ab Zugang der betroffenen Rechnung einsetzt und - bleibt nach einer beklagtenseits vorgenommenen Verrechnung ein Restbetrag - bis zu dessen vollständiger Gutschrift reicht. Die Beklagte vertritt demgegenüber den Standpunkt, dass die behauptete Vereinbarung nicht zustande gekommen ist. Sie habe die nach dem IC-Vertrag auf sie entfallenden Rechnungsentgelte daher, soweit diese nicht durch Verrechnung entfallen seien, jeweils bereits dadurch in verzugsvermeidender oder -beendender Weise gezahlt, dass sie rechtzeitig von ihrer Bank angenommene Überweisungsaufträge erteilt habe.

4. Das LG hat der auf Zahlung von Verzugszinsen in einer Gesamthöhe von 601.466,40 EUR gerichteten Klage teilweise, nämlich in Höhe eines Betrages von 539.013,59 EUR stattgegeben.

Die von der Beklagten geschuldete Leistung, so hat es zur Begründung seiner Entscheidung im hier betroffenen Kontext ausgeführt, habe auch bei dem IC-Vertrag in der Gutschrift des zu zahlenden Betrages auf dem Konto...

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