Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des mobilen Telefon i.S. von § 23 Abs. 1a StVO

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO umfasst auch ein mobiles Telefon einer Festnetztelefonanlage.

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 801 OWi 43/09)

 

Tenor

I. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Betroffene wird freigesprochen.

II. Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

 

Gründe

I.

Gegen den Betroffenen ist in dem angefochtenen Urteil wegen "Nichtbeachtung des Telefonverbots" (§§ 23 Abs. 1a, 49 StVO) eine Geldbuße von 40,00 € verhängt worden. Dem liegen folgende Feststellungen des Amtsgerichts zugrunde:

"Am 26.11.2008 um 12:21 Uhr befuhr der Betroffene mit seinem Fahrzeug der Marke Porsche, amtliches Kennzeichen … in C. die B. Allee in Fahrtrichtung G.F.- Allee. Der Betroffene führte zu dieser Zeit in seiner Jackentasche sein mobiles Telefon seiner Hausfestnetzanlage T- Com Sinus 702 K (schwarz-silber) mit sich. Dieses Telefon gab zum Zeitpunkt der Tat einen Piepton ab, woraufhin der Betroffene es aus seiner Jackentasche nahm, es ansah, an sein Ohr hielt, es nochmal ansah und wiederum an sein Ohr hielt. Hierbei wurde der Betroffene von Polizeibeamten beobachtet, die eine gezielte Handykontrolle durchführten. Der PKW des Betroffenen ist mit einer Freisprecheinrichtung für Handys ausgerüstet. Bei der sich anschließenden Kontrolle zeigte der Betroffene den Polizeibeamten das mobile Telefon seiner Hausfestnetzanlage. Die Entfernung zwischen dem Tatort und dem Wohnort des Betroffenen beträgt in etwa 3 Kilometer. Das Gericht unterstellte es aufgrund dieser Entfernung für wahr, dass aus technischer Sicht kein Telefonat über den Festnetzanschluss des Betroffenen geführt werden konnte.

Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Betroffene einer Ordnungswidrigkeit nach den §§ 23 Absatz 1a, 49 StVO, 24 StVG schuldig gemacht. Rechtsfertigungs- und Schuldausschließungsgründe sind nicht ersichtlich.

Entgegen der vom Betroffenen geäußerten Rechtsansicht umfasst die Vorschrift des1 § 23 Absatz 1a StVO auch das von ihm aufgenommene und gehaltene mobile Telefon einer Festnetztelefonanlage. Nach dem Wortlaut des § 23 Absatz 1a StVO ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobil- oder Autotelefon aufnimmt oder hält. Der Begriff des Mobiltelefons ist gesetzlich nicht definiert. Maßgebendes Merkmal eines Telefons ist es, den Benutzer durch Übermittlung von Tönen in die Lage zu versetzten, mit einem anderen in Echtzeit sprachlich zu kommunizieren (Vgl. Hentschel/Kön/gr, StVG 39. Auflage 2007, § 23 StVO Rn. 13a). Das Gerät muss nach Ausstattung, Funktion und Zweck generell und konkret zum Führen von Telefonaten geeignet und bestimmt sein (Vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.11.2006 - 3 Ss 219/05 = NJW 2007, 240). Nach dem Wortlaut ist ein Mobiltelefon ein mobiles Telefon, d.h. ein schnurrloses, nicht unmittelbar durch ein Kabel mit einer Telefonleitung verbundenes Gerät, mit dem Telefonate geführt werden können. Diese Voraussetzung erfüllt das von dem Betroffenen aufgenommene und gehaltene mobile Telefon seiner Festnetzanlage. Die Tatsache, dass der Betroffene mit diesem an der Tatörtlichkeit aufgrund der gegebenen Entfernung zu seinem Wohnhaus aus technischen Gründen kein Telefonat über seinen Festnetzanschluss entgegennehmen oder führen konnte, führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Geräts als Mobiltelefon im Sinne des § 23 Absatz 1a StVO. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 23 Absatz 1a StVO ist die Gewährleistung, dass der Fahrzeugführer während der Benutzung beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat (Vgl. BR-Drs. 599/00, Seite 18). Voraussetzung des Tatbestandes des § 23 Absatz 1a StVO ist nicht, dass mit dem Gerät in der konkreten Tatsituation ein Telefonat geführt werden kann. Auch ein nicht betriebsbereites Telefon, in Folge beispielsweise eines leeren Akkus oder technischer Störungen, fällt unter den Anwendungsbereich dieser Vorschrift. Darauf, dass das verwendete Gerät in der konkreten Situation technisch tatsächlich als Telefon eingesetzt werden kann, um rechtlich unter den Begriff des Mobil- oder Autotelefons im Sinne des § 23 Absatz 1a StVO subsumiert zu werden, kommt es nicht an. Auch der Umstand der unterschiedlichen Frequenzbereiche des von dem Betroffenen aufgenommenen und gehaltenen mobilen Telefons seiner Festnetzanlage und dem eines Handys führt nicht zu einer anderen rechtlichen Einordnung des Geräts als Mobiltelefon im Sinne des § 23 Absatz 1a StVO.

Die Grenzen verfassungskonformer richterlicher Auslegung des gesetzlich nicht definierten Begriffs des Mobiltelefons werden durch die vorliegende Subsumierung nicht überschritten. Das Risiko einer bußgeldrechtlichen Ahndung ist für den Normadressaten bei der hier konkret gegebenen Fallkonstellation voraussehbar. Eine Überdehnung des Wortlautes des § 23 Absatz 1a StVO zu Lasten des Betrof...

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