Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 82 O 5/17)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 26.05.2017 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 O 5/17 - nach § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig durch Beschluss zurückzuweisen.

Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 08.11.2016, der damit einhergehenden Verpflichtung der Beklagten zur Vertragserfüllung sowie der Verzugs-Feststellung allesamt nicht zu, denn die Beklagte hat den zwischen den Parteien am 12./22.08.2016 geschlossenen Rahmenvertrag wirksam zum 15.02.2017 gekündigt.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung nicht gegen die Wertung des Landgerichts, dass die außerordentliche Kündigung vom 08.11.2016 für den Fall berechtigt ist, dass das auf dem Briefpapier der Beklagten erstellte und mit den Unterschriften der Beklagten-Mitarbeiter versehene Schreiben vom 23.09.2016 (Anlage B4, Bl 51 GA) tatsächlich von X - dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin - hergestellt wurde. Mit ihrer Berufung bringt die Klägerin vielmehr als einzigen Angriff vor, X sei bezüglich des Schreibens vom 23.09.2016 einem Irrtum unterlegen. Infolge persönlicher, geschäftlicher und familiärer Belastungen habe X zu Beginn des erstinstanzlichen Verfahrens nicht vor Augen gehabt, dass dieses Schreiben nicht von ihm persönlich erstellt worden war. Aus der erst jetzt eingesehenen Strafakte habe sich ergeben, dass die Beklagte das Schreiben vom 23.09.2016 selbst hergestellt habe. X sei psychisch nicht dazu in der Lage gewesen, diesen Sachverhalt zu ermitteln oder aber gar ohne Nachermittlung vor Augen zu haben.

Diese Berufungsrüge greift nicht durch, denn die Klägerin hat ihr erstinstanzliches Geständnis der eigenen Urheberschaft des streitgegenständlichen Schreibens nicht gemäß § 290 ZPO wirksam widerrufen. Im Einzelnen:

1. In erster Instanz hatte die Klägerin durch ihren schriftsätzlichen Vortrag ein Geständnis iSv § 288 ZPO abgegeben, denn sie hat die der Beklagten günstige Tatsache der Urheberschaft des streitgegenständlichen Schreibens bereits mit der Klageschrift vom 07.12.2016 dadurch zugestanden, dass sie erklärte, X habe für den internen Geschäftsbetrieb dieses Dokument, welches den Anschein erwecke, es stamme von der Beklagten, erstellt (Bl 6 GA), X kenne natürlich dieses Schreiben, weil er es erstellt habe (Bl 7 GA).

2. Dieses Geständnis erlangte durch die stillschweigende Bezugnahme (§ 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO) der Klägerin auf ihre vorbereitenden Schriftsätze in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2017 Wirksamkeit (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 18.04.2013 - 4 U 52/12 = NJW-RR 2013, 1388 Rz. 27 m.w.N.).

3. Das Geständnis wirkt im Berufungsverfahren fort (§ 535 ZPO).

4. Es kann aber unter den Voraussetzungen des § 290 ZPO widerrufen werden (vgl. Wieczorek/Schütze-Gerken, ZPO, 4. Aufl., § 535 Rz. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl., § 535 Rz. 4).

Soweit der Widerruf als neues Angriffsmittel den Zulassungseinschränkungen des § 531 Abs. 2 ZPO unterliegt (Prütting/Gehrlein-Oberheim, ZPO, 8. Aufl., § 535 Rz. 8; Stein/Jonas-Althammer, ZPO, 22. Aufl., § 535 Rz. 1), greift vorliegend keine Präklusion ein. Nach dem Vortrag der Klägerin ist diese erst aufgrund der Einsicht in die Strafakten und des dort enthaltenen Aktenvermerks des Steuerfahnders Schorn vom 26.06.2017 zu der Erkenntnis gelangt, dass das streitgegenständliche Schreiben von der Beklagten selbst stamme, also das Geständnis der eigenen Urheberschaft nicht zutreffen könne. Der Aktenvermerk vom 26.06.2017 wurde erst nach der mündlichen Verhandlung am 05.05.2017 gefertigt. Nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz neu entstandene Angriffsmittel können ohne die sich aus § 531 Abs. 2 ZPO ergebenden Beschränkungen jederzeit in das Berufungsverfahren eingeführt werden (BGH, Beschl. v. 22.04.2010 - I ZR 17/09 = NJW-RR 2010, 1478 Rz. 7). Die Klägerin traf aus § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO auch keine anlasslose Ermittlungspflicht (BGH, Beschl. v. 30.10.2013 - VII ZR 339/12 = NJW-RR 2014, 85 Rz. 9).

5. Der Widerruf eines Geständnisses setzt aber nach § 290 ZPO voraus, dass der Widerrufende darlegt und beweist, dass sein Geständnis zum einen nicht der Wahrheit entspricht und zum anderen durch einen Irrtum veranlasst wurde.

a. Es kann dahin stehen, ob die Klägerin schlüssig vorgetragen hat, dass die zugestandene Tatsache unwahr ist.

b. Jedenfalls hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan, dass ihr Geständnis durch einen Irrtum veranlasst wurde.

Irrtum ist die unbewusste Unkenntnis des wirklichen Sachverhalts und muss in der Person desjenigen vorgelegen haben, die das Geständnis abgegeben hat (OLG ...

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