Entscheidungsstichwort (Thema)

Isolierte Kostenbeschwerde gegen die Verweigerung einer Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in einer die Instanz abschließender Entscheidung zur Hauptsache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Entgegen § 99 I ZPO ist die Kostenentscheidung in einem die Instanz abschließenden Urteil mit der isolierten Kostenbeschwerde in entsprechender Anwendung des § 99 II 1 ZPO anfechtbar, wenn das selbständige Beweisverfahren den Streitgegenstand der Hauptsache zumindest teilweise betrifft und das Hauptsachegericht eine Entscheidung auch über die Kosten dieses Verfahrens verweigert.

2. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung ist mit der Hauptsacheentscheidung auch über die im selbständigen, den Streitgegenstand der Hauptsache zumindest teilweise betreffenden Beweisverfahren entstandenen Kosten zu befinden, auch wenn über den Gegenstand dieses Verfahrens im Hauptsacherechtsstreit keine abschließende Sachentscheidung ergeht, etwa wenn - wie hier - die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist.

 

Normenkette

ZPO § 99 Abs. 1, 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 08.12.2014; Aktenzeichen 4 O 88/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird das von dem LG Bonn am 8.12.2014 verkündete Urteil - 4 O 88/13 - hinsichtlich des Kostenausspruchs teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der in dem selbständigen Beweisverfahren des LG Bonn - 4 OH 2/12 - entstandenen Kosten trägt die Klägerin.

Der Klägerin werden auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

 

Gründe

Das in entsprechender Anwendung des § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO als sofortige Beschwerde statthafte und im Übrigen gem. §§ 567 ff. ZPO zulässige Rechtsmittel der Beklagten vom 15.12.2014 hat auch in der Sache Erfolg.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO analog statthaft. Dieser Bewertung steht die Regelung des § 99 Abs. 1 ZPO, nach der die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, nicht entgegen. Vorliegend geht es nicht um die Anfechtung einer ergangenen Kostenentscheidung, sondern darum, dass das Vordergericht den Erlass einer Kostenentscheidung teilweise, nämlich bezogen auf das den in der Hauptsache identischen Streitgegenstand betreffende selbständige Beweisverfahren abgelehnt hat. Dass in solchen Fällen ein Rechtsmittel gegeben sein muss und die nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu fordernde gesetzliche Grundlage in der entsprechenden Anwendung des § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO zu finden ist, entspricht - soweit ersichtlich - allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. etwa: OLG Celle, Beschl. v. 20.6.2003 - 6 W 49/03 - zitiert nach juris Rz. 4, m.w.N.; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 99 Rz. 6; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 99 Rz. 5; Musielak/Voit-Lackmann, ZPO, 12. Aufl., § 99 Rz. 2). Der Zweck der zu § 99 Abs. 1 ZPO gefundenen Regelung, die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen zu verbieten, um Ungereimtheiten zwischen der Hauptsacheentscheidung und der Kostenentscheidung in der höheren Instanz zu vermeiden bzw. zu verhüten, dass die Rechtsmittelinstanz die Hauptsacheentscheidung, obwohl selbst nicht angegriffen, nachprüfen muss (Musielak/Voit-Lackmann, ZPO, 12. Aufl., § 99 Rz. 1), wird nicht berührt.

In der Sache durfte das LG eine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht mit der Begründung ablehnen, es sei nicht auszuschließen, dass das Beweisergebnis in einem weiteren Verfahren zwischen den Parteien nach Fälligkeit des Klageanspruchs zu Ziff. 2., den es als zur Zeit unbegründet abgewiesen hat, von Bedeutung sein könne. Dieser Bewertung steht der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung entgegen, wonach mit der Hauptsacheentscheidung grundsätzlich auch über die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu befinden ist, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses - wie hier - identisch sind (BGH, Beschl. v. 13.12.2006 - XII ZB 176/03 - zitiert nach juris Rz. 19, 26; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 490 Rz. 7). Insbesondere bedarf es zur Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens keiner abschließenden Entscheidung über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren; selbst die Rücknahme der Hauptsacheklage ändert an der einmal begründeten Zugehörigkeit der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens nichts (BGH, a.a.O., Rz. 21 ff.). So wie die Pflicht zur Tragung der im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten der Regelung des § 269 Abs. 3 ZPO, wonach der Kläger die Kosten des Hauptsacherechtsstreits nach Rücknahme seiner Klage zu tragen hat, folgt (BGH, a.a.O.), sind auch die vorliegend im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten der Klägerin aufzuerlegen, nachdem das LG in dem angefochtenen, insoweit indessen ni...

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