unanfechtbar

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Faktische Wohnungseigentümergemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Zu Gunsten und zu Lasten des Käufers eines Wohnungseigentumsrechts ist eine antizipierte Anwendung der Vorschriften des WEG auf seine Rechtsverhältnisse gerechtfertigt, sobald er zumindest Mitglied einer faktischen Eigentümergemeinschaft geworden ist. Im Fall der Teilung nach § 8 WEG mit nachfolgenden Veräußerungen an Dritterwerber ist letzteres der Fall, wenn der Erwerber von dem teilenden Eigentümer durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung eine rechtlich gesicherte Anwartschaft auf den dinglichen Erwerb erlangt hat und ihm daraufhin auch der Besitz an der Wohnung übertragen worden ist.

 

Normenkette

WEG § 8

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 29 T 257/98)

AG Gummersbach (Aktenzeichen 20 (13) II 4/97)

 

Tenor

Auf die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) sowie die der Beteiligten zu 2) werden der Beschluß des Landgerichts Köln vom 17.12.98 – 29 T 257/98 – und der Beschluß des Amtsgerichts Gummersbach vom 9.6.98 – 20 (13) II 4/97 – aufgehoben und wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 40.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegten weiteren sofortigen Beschwerden sind zulässig (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 20, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG) und führen zur Aufhebung und Sprungzurückverweisung an das Amtsgericht.

Das bisherige Verfahren leidet an einem Verfahrensfehler, weil die Vorinstanzen die übrigen Wohnungseigentümer am Verfahren nicht formell beteiligt haben (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG, 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 550, 551 Nr. 5 ZPO).

Die Antragsteller machen einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Teileigentums der Antragsgegner als Imbiß sowie auf Entfernung eines Kamins und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands geltend (§§ 15 Abs. 3, 22 WEG, 1004 BGB). In einem solchen unter § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG fallenden Verfahren sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG alle Wohnungseigentümer einer Anlage am Verfahren materiell beteiligt und auch formell zu beteiligen, weil eine Entscheidung gemäß § 45 Abs. 2 S. 2 WEG für alle Wohnungseigentümer bindend ist und diesen auch vorher rechtliches Gehör, ggf. zwecks weiterer Sachaufklärung (§ 12 FGG) gewährt werden muß (vgl. BGH NZM 98, 78).

Beide Vorinstanzen haben indes alle Schriftsätze, Terminsladungen und Entscheidungen nur dem Antragsteller und den Antragsgegnern über deren Verfahrensbevollmächtigten bekanntgemacht, obwohl die Eigentumswohnanlage gemäß der Teilungserklärung vom 11.12.92 (Bl. 15 ff GA) in insgesamt 9 Miteigentumsanteile mit 8 Wohnungseigentumsrechten und 1 Teileigentumsrecht aufgeteilt ist und neben dem Antragsteller und den Antragsgegnern jedenfalls 2 weitere Wohnungseigentümer (= Hirte + Beckmann – Bl. 115, 119 GA) zu beteiligen waren. Dieser von amtswegen zu beachtende Mangel hat zwingend die Aufhebung der ergangenen Entscheidungen und die Zurückverweisung an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zur Folge, unabhängig davon, ob die Entscheidungen auf dem Fehler beruhen (vgl. Bärmann/Pick/Merle WEG § 43 Rdnr. 120 mwN; Hauger in Weitnauer WEG § 43 Rdnr. 36; OLG Frankfurt DWE 98, 44). Dafür, daß die nicht beteiligten Wohnungseigentümer das Verfahren ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt haben, ist nichts ersichtlich. Die Beteiligung und Genehmigung des bisherigen Verfahrens ist zwar auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren möglich (BayObLG WE 92, 203 + 204), hier aber nicht angezeigt, weil der Senat in der Sache mangels entsprechender Tatsachenfeststellung nicht selbst entscheiden könnte.

1) Der Senat teilt zwar die Annahme der Vorinstanzen, daß die in der Teilungserklärung erfolgte Zweckbestimmung des Wohnungseigentums der Antragsgegner als „nicht zu Wohnzwecken dienend” maßgebend ist und mithin die Nutzung der Räume als Schnellimbiss gestattet. Die Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter (§§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 1 S. 2, 15 Abs. 1 WEG) besagt, daß das Sondereigentum zwar nicht zu Wohnzwecken, aber grundsätzlich zu jedem anderen beliebigen Zweck genutzt werden darf. Die dagegen im Aufteilungsplan für die Räumlichkeit erfolgte Bezeichnung „Laden” kann keine entsprechende Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit bewirken, weil ihr gegenüber in der Teilungserklärung grundsätzlich kein Vorrang zukommt (vgl. BGH NJW 95, 2851; BayObLG NZM 99, 80 mwN; a. A. wohl OLG Schleswig NZM 99, 79). Abgesehen davon würde die streitige Nutzung aber auch im Ergebnis mit dem Aufteilungsplan nicht im Widerspruch stehen können, denn beim Teileigentum der Antragsgegner sind neben der Aufschrift „Laden” mehrere Tische nebst Stühlen, eine Theke und eine Küche sowie ein Damen- wie ein Herren-WC eingezeichnet (Bl. 30 GA).

2) Die Begründung der Vorinstanzen rechtfertigt indes nach Ansicht des Senats nicht die Entscheidung, der außen an der Hauswand ang...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge