Leitsatz (amtlich)

Der Gemeinschaft fehlt nicht die Beschlusskompetenz, durch Mehrheitsbeschluss jeweils demjenigen Eigentümer die Eigenbeteiligung bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversicherung für Wasserschäden allein aufzuerlegen, in dessen Sondereigentum sich die schadhaften Wasserrohre befinden.

 

Normenkette

WEG § 16

 

Verfahrensgang

AG Köln (Beschluss vom 15.03.2003; Aktenzeichen 204 II 70/01 WEG)

LG Köln (Beschluss vom 02.01.2003; Aktenzeichen 29 T 72/02)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 2.1.2003 – 29 T 72/02 – abgeändert und die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG vom 15.3.2002 – 204 II 70/01 – zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Rechtsbeschwerdewert: 6.000 Euro.

 

Gründe

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde (§§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 45 WEG, 22, 27, 29 FGG) ist begründet.

Die angefochtene Entscheidung des LG, das auf zulässige Erstbeschwerde entschieden hat (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 2o, 22 WEG), beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 545, 546 ZPO).

Das LG hat antragsgemäß (auch) die Eigentümerbeschlüsse zu den TOP 9.3. und 9.4. für ungültig erklärt und ausgeführt: Der Beschluss über die Abwälzung des Risikozuschlages bei der Gebäudeversicherung auf das dem Schadensfall zugrundeliegende Sondereigentum sei schon deshalb für ungültig zu erklären, weil er aus sich heraus nicht verständlich sei, denn ein Zuschlag sei mit der Versicherung nicht vereinbart und dem Beschluss lasse sich auch bei Ersetzung des Wortes „Risikozuschlag” durch „Selbstbehalt” eine konkrete Regelung der Tragung dieser Kosten nicht entnehmen. Der nur mehrheitlich zustandgekommene Beschluss über die Generalüberholung des Gartentores sei ungültig, weil er im Hinblick auf den (einstimmig gefassten) Eigentümerbeschluss aus dem Jahre 1984 („Aufwendungen und Änderungen am Gemeinschaftseigentum bedürfen der Zustimmung aller Eigentümer”) nicht mit der erforderlichen Einstimmigkeit gefasst worden ist.

Die Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das LG hat fehlerhaft den Eigentümerbeschluss über die Abwälzung der Selbstbeteiligung beanstandet.

Wenn und so weit Wohnungseigentümerbeschlüsse nicht klar und bestimmt sind, ist der Inhalt des Beschlusses durch Auslegung zu ermitteln. Für die Auslegung gelten grundsätzlich die allgemeinen Auslegungsregeln für Rechtsgeschäfte (§§ 133, 157 BGB). Maßgebend sind der Wortlaut und Sinn der Regelung, wie er sich für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung ergibt, und die für jedermann ohne weiteres erkennbaren Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses. Denn Eigentümerbeschlüsse wirken nach § 10 Abs. 3 WEG ohne Eintragung im Grundbuch für und gegen den Sondernachfolger, die auf das objektiv Erklärte vertrauen müssen. Ob die vorinstanzliche Auslegung dementsprechend sachlich richtig ist, hat das Rechtsbeschwerdegericht zu überprüfen. Seine Überprüfungsbefugnis ist nämlich nach der neueren höchstrichterlichen Rspr. nicht beschränkt auf Rechtsfehler, d.h. die Prüfung, ob die Auslegung durch die Vorinstanzen denk- und erfahrungsgesetzlich möglich ist, den gesetzlichen Auslegungsregeln nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt worden sind. Es kann vielmehr, zumal wenn es sich wie hier um eine Dauerregelung handelt, die sachliche Richtigkeit der Auslegung nachprüfen und den Beschluss – objektiv und normativ – „aus sich heraus” – uneingeschränkt selbst auslegen (vgl. etwa BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, MDR 1999, 28 = NJW 1998, 3713 = NZM 1998, 955 [956] m.w.N. = ZMR 1999, 41; NZM 1999, 178 jew. m.w.N.; Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 23 Rz. 57).

Entgegen der Ansicht des LG und auch der Beteiligten zu 1) kann keine Rede davon sein, dass der angefochtene Beschluss zum TOP 9.3 (Abwälzung des Selbstbehalts bei der Gebäudeversicherung für Wasserschäden durch einen Wasserrohrbruch im Sondereigentum) für die Eigentümer nicht hinreichend klar und verständlich ist. Er enthält vielmehr eine unmissverständliche Regelung, wie bereits das AG mit Recht angeführt hat. Die Abwälzung der mit der Versicherung aufgrund der vielfachen Wasserschäden in der Vergangenheit vereinbarten Selbstbeteiligung (Selbstbehalts) auf den Sondereigentümer gilt nur im Falle eines Wasserschadens, der durch ein nach der Teilungserklärung in dessen Sondereigentum stehendes Wasserrohr verursacht ist, für dessen ordnungsgemäßen Zustand dieser ohnehin zu sorgen habe. Das LG hat bei der Auslegung unberücksichtigt gelassen, dass dem zur nächsten Eigentümerversammlung gestellten Antrag der Beteiligten zu 3) im Schreiben an die Verwaltung vom 15.9.2000 „Sollte wieder ein Wasserrohrbruch im Sondereigentum auftreten, muss der betroffene Eigentümer für den Risikozuschlag der Gebäudeversicherung aufkommen” (Bl...

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