unanfechtbar

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflicht. Zuwegung zu einer Tennishalle mit Restaurant

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Käufer einer Tennishalle ist vor Umschreibung des Eigentums auch dann nicht für den Zugang zur Halle verkehrssicherungspflichtig, wenn Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten vor dem Schadensfall auf ihn übergegangen sind. Ebenso wie die Streupflicht, zählt auch die allgemeine Verkehrssicherungspflicht nicht zu den Lasten des Grundstücks, die vom Eigentümer persönlich zu erbringen sind.

2. Entsprechend den allgemein aus der Verkehrseröffnung sich ergebenden Sicherungspflichten ist der Inhaber eines Betriebes (Gastwirt, Pächter von Sportanlagen) und daneben der Grundstückseigentümer dafür verantwortlich, daß die Gäste ohne Gefahr für Körper, Gesundheit und Eigentum die Räume und Nebenräume, die Treppen innerhalb des Lokals und die Zu- und Abgänge sicher benutzen können.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 847

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 25.04.1997; Aktenzeichen 20 O 118/97)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – der Beschluß des Landgerichts Köln vom 25.4.1997 – 20 O 118/97 – aufgehoben und die Sache dem Landgericht Köln zur erneuten Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin mit der Maßgabe zurückverwiesen, daß das Landgericht die Prozeßkostenhilfe, soweit die Klägerin die Beklagten zu 2. und 3. in Anspruch nimmt, nicht mangels Erfolgsaussicht verweigern darf. Kosten werden nicht erstattet; die Gebühr nach KV 1905 zum GKG wird nicht erhoben.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und von Schmerzensgeld mit der Behauptung in Anspruch, sie sei am 11.3.1994 beim Verlassen des Restaurants der von der Zweitbeklagten auf dem Grundstück O.straße 7 in K.-L. betriebenen Tennishalle auf einem Gitterrost mit dem Absatz ihres Schuhs hängengeblieben und gestürzt. Dabei habe sie sich einen offenen Bruch des Wadenbeins und des Schienbeins zugezogen. Nach Durchführung mehrerer Operationen und einer zweimonatigen Rehabilitation sei sie auch heute noch nicht schmerzfrei und könne sich nur eingeschränkt bewegen. Ein kürzlich noch eingesetzter Titannagel könne voraussichtlich erst im kommenden Jahr entfernt werden.

Der Beklagte zu 1. erwarb das Sondereigentum an der Tennishalle aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 14.9.1993 vom Beklagten zu 3.; die Eigentumsumschreibung erfolgte am 22.12.1995. Die Beklagte zu 2. hat die Tennisanlage nebst -halle vom Beklagten zu 3. gepachtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde hat hinsichtlich der Zurückweisung des Prozeßkostenhilfeantrages gegenüber den Beklagten zu 2. und 3. – vorläufigen – Erfolg; hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages gegenüber dem Beklagten zu 1. ist sie unbegründet.

1.

Soweit es die Inanspruchnahme des Beklagten zu 1. anbetrifft, hat das Landgericht die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe im Ergebnis zu Recht verweigert. Der Beklagte zu 1. ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Ersatz des der Klägerin aus dem behaupteten Unfall vom 11.3.1994 entstandenen Schadens verpflichtet. Ihn traf nämlich im Unfallzeitpunkt bezüglich des Tennishallengrundstücks keine Verkehrssicherungspflicht. Die allgemeine Rechtspflicht, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen, beruht auf dem Gedanken, daß jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen hat.

Anknüpfungspunkt für die Haftung ist danach die „Eröffnung des Verkehrs”. Zur Gefahrenabwendung ist daher jeder verpflichtet, der in der Lage ist, über die Sache zu verfügen; das ist in erster Linie der Eigentümer. Eigentümer des Tennishallengrundstück im Unfallzeitpunkt – 11.3.1994 – war unstreitig noch nicht der Beklagte zu 1., sondern der Beklagte zu 3.. Die Umschreibung des Eigentums erfolgte ebenfalls unwidersprochen erst am 22.12.1995 (Bl. 1 a ff. AH). Der Umstand, daß im notariellen Kaufvertrag vom 14.9.1993 der Besitz und die Nutzungen, die Gefahr und die Lasten des vom Beklagten zu 1. erworbenen Miteigentumsanteils (Tennishalle) am 1.10.1993 auf ihn übergehen sollten, ist für die Frage der Verkehrssicherungspflichtigkeit ohne Belang. Die Verkehrssicherungspflicht gehört nicht zu den „Lasten” eines Grundstücks im Sinne von § 103 BGB. Dazu zählen nur die auf dem Grundstück liegenden Verpflichtungen zu Leistungen, die aus dem Grundstück zu entrichten sind und den Nutzungswert mindern (BGH NJW 1990, 111 f.; OLG Hamm NJW 1989, 839,840 m.w.N.). Ebensowenig wie die Streupflicht zählt auch die allgemeine Verkehrssicherungspflicht nicht hierzu, weil sie vom Eigentümer persönlich zu erbringen sind.

Auch soweit nach dem notariellen Kaufvertrag der Besitz an dem Tennishallenobjekt am 1.10.1995 auf den Beklagten zu 1. übergegangen ist, vermag diese Übertragung des – mittelbaren – Besitzes (unmittelbare Besitzerin war die Beklagte zu 2. als Betreiberin bzw. Pächterin der Tennisanlage) keine Verkehrssicherungspflicht zu Lasten d...

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