Leitsatz (amtlich)

Bei schwerwiegenden Betäubungsmittelstraftaten steht der Gesichtspunkt der Generalprävention einer Halbstrafenaussetzung gemäß §57 Abs. 2 Nr. 2 StGB grundsäentgegen.

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Verurteilte zu tragen (§ 473 Abs. 1 StPO).

 

Gründe

Durch die angefochtene Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts B. die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts K. vom 4.08.2008 zur Bewährung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe zur Bewährung ausgesetzt, die Aussetzung nach Verbüßung der Hälfte der Strafe jedoch abgelehnt. Zur Begründung ist folgendes ausgeführt:

"I. Durch das im Tenor näher bezeichnete Urteil erkannte das Landgericht K. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 23 Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Zu Grunde lag, dass der Verurteilte bei verschiedenen Gelegenheiten mit insgesamt rund 60 kg Marihuana gehandelt hat. Das Urteil ist rechtskräftig. Mit Anwaltsschriftsatz vom 30.12.2010 hat der Verurteilte seine Entlassung schon nach Verbüßung der Hälfte der Strafe (16.02.2011) beantragt und sich im Wesentlichen auf seine Kooperation im Strafverfahren, seine positive Entwicklung im Vollzug sowie auf den Umstand gestützt, dass die Großfamilie des Verurteilten in K. auf seine Hilfs- und Arbeitskraft bei den heimischen Aufgaben angewiesen ist. Die Kammer hat den Verurteilten am 02.03.2011 mündlich angehört und sodann ein Prognosegutachten gem. § 454 Abs. 2 StPO eingeholt. Der Sachverständige Dr. S. kommt im Gutachten vom 15.05.2011 zu dem Ergebnis, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht derzeit von einer hinreichend günstigen Legal- und Sozialprognose ausgegangen werden könne. Die zeitliche Anwesenheit und Verfügbarkeit des Verurteilten für die Situation der gesamten Familie (Eltern, Lebensgefährtin, Kinder) sei nach Einschätzung des Gutachters augenscheinlich "von einer relevanten Bedeutung", eine Dekompensation der Situation in absehbarer Zeit drohe jedoch nicht. Die Justizvollzugsanstalt hat dem Verurteilten mit Stellungnahme vom 11.02.2011 ebenfalls eine positive Entwicklung im Vollzug bescheinigt und eine günstige Sozialprognose gestellt. Nach Einschätzung der Justizvollzugsanstalt sind aber keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine Entlassung bereits vor dem 2/3 - Zeitpunkt rechtfertigen könnten. Die Staatsanwaltschaft hat sich gegen eine Entlassung vor dem 2/3 - Zeitpunkt gewandt, tritt der Strafaussetzung des Restdrittels indes nicht entgegen. Zwei Drittel der gegen ihn erkannten Strafe wird der Verurteilte nach derzeitigem Vollstreckungsstand am 16.12.2011 verbüßt haben. Das Strafende ist für den 17.08.2013 notiert. Das Gericht hat den Verurteilten bereits am 02.03.2011 zur Frage einer Entlassung zum Halbstrafentermin angehört. Von einer erneuten Anhörung hat das Gericht gem. § 454 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 StPO abgesehen.

II. Die Kammer hatte auf Antrag des Verurteilten gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu prüfen, ob es verantwortet werden kann, den Verurteilten unter Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes bereits vor Verbüßung von zwei Drittel der Strafe zur Bewährung aus dem Strafvollzug zu entlassen.

1. Nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB kann die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe schon nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann und wenn eine Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Umstände vorliegen.

Besondere Umstände i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB sind solche, die im Vergleich zu gewöhnlichen Milderungsgründen von besonderem Gewicht sind und eine Strafaussetzung trotz des erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat, wie sich dieser in der Höhe der Strafe widerspiegelt, als nicht unangebracht und den strafrechtlich geschützten Interessen nicht zuwiderlaufend erscheinen lassen (BGH, NStZ 1987, 21; OLG München NStZ 1987, 74; Kammergericht, ZfStrVo 1996, 247; Tröndle/Fischer StGB, § 57 Rdnr. 9; Schönke/Schröder/Stree, StGB, 25. Aufl., § 57 Rdnr. 23 b und ständige Rechtsprechung des OLG Köln, vgl. 2 Ws 606/94 und 2 Ws 48/02). Es muss sich um Umstände handeln, die über die allgemeinen Voraussetzungen der positiven Sozialprognose hinaus einen teilweisen Verzicht auf die ursprünglich als angemessen angesehene Sanktion zulassen. In die dabei vorzunehmende Gesamtwürdigung sind alle Strafzwecke auch der Gesichtspunkt der Generalprävention einzubeziehen. Das kann - nach der Intention der Neufassung des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB - auch dann der Fall sein, wenn die zu bewertenden Tatsachen zwar einzelnen betrachtet nur durchschnittliche Milderungsgründe darstellen, durch ihr Zusammentreffen aber ein solches Gewicht erlangen, dass ihnen in ihrer Gesamtheit die Bedeutung besonderer Umstände zukommt. Dab...

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