Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 17.08.2011; Aktenzeichen 1 O 304/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 17.8.2011 - 1 O 304/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 90.000 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller kaufte von der Antragsgegnerin, einer Gemeinde, mit notariellem vom 17.5.2002 ein Grundstück. Nach § 5 Ziff. 1 des Kaufvertrages war das Grundstück innerhalb von zwei Jahren ab Vertragsschluss mit einem Gewerbe- oder Industriebetrieb (Speditionsunternehmen) zu bebauen. Nach § 5 Ziff. 5 und 7 ist der Verkäufer berechtigt, bei Nichterfüllung der Bauverpflichtung die Rückübertragung des Grundbesitzes gegen zinslose Erstattung des Kaufpreises zu verlangen. In § 5 Ziff. 8 hatte der Antragstellerin der Antragsgegnerin die unwiderrufliche Vollmacht eingeräumt, im Falle des Rücktritts die Rückübertragung vorzunehmen.

Der Antragsteller kam der Bauverpflichtung nicht nach. Mit Schreiben vom 20.6.2011 erklärte die Antragsgegnerin den Rücktritt und betrieb - gestützt auf die Vollmacht - die Rückübertragung. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit dem er zunächst begehrt hat, die Antragsgegnerin zur Rücknahme des Umschreibungsantrages und Unterlassung der Herbeiführung der Eigentumsumschreibung zu verpflichten. Zur Begründung beruft er sich auf die Unwirksamkeit des Rücktritts gem. § 218 BGB wegen zwischenzeitlicher Verjährung der Bauverpflichtung.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er nach zwischenzeitlicher Eintragung der Antragsgegnerin als Eigentümerin im Grundbuch die Eintragung eines Widerspruchs begehrt.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die nach § 567 Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses keinen Erfolg.

Es fehlt an einem Verfügungsanspruch. Die Antragsgegnerin ist zur Geltendmachung und Durchführung des Rückübertragungsanspruchs berechtigt, weil sie wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat.

1. Die vertraglichen Voraussetzungen des Rücktritts der Antragsgegnerin, nämlich die Nichterfüllung der Bebauungsverpflichtung, liegen unstreitig vor.

2. Der Rücktritt ist nicht nach § 218 BGB wegen Verjährung der Bebauungsverpflichtung unwirksam. Nach dieser Vorschrift ist der Rücktritt wegen nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Die Vorschrift beruht auf dem Gedanken, dass Gestaltungsrechte, wie der Rücktritt, als solche nicht der Verjährung unterliegen, es aber gerechtfertigt ist, dem Gläubiger, der wegen Verjährung die Leistung nicht mehr verlangen kann auch den Rücktritt zu versagen.

Unabhängig von der Frage, ob § 218 BGB für vertragliche Rücktrittsrechte überhaupt gilt, kommt eine Anwendung dieser Vorschrift nur in Betracht, wenn der Rücktritt wegen Verletzung eines solchen Anspruchs erklärt wird, der der Verjährung unterliegt (Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 218 Rn 3). Das ist bei der in § 5 des Kaufvertrages vereinbarten Bebauungsverpflichtung nicht der Fall. Diese Bauverpflichtung ist nicht als verjährbarer “Anspruch„ (§ 194 Abs. 1 BGB) ausgestaltet. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der in § 5 Ziff. 1 des Notarvertrages vereinbarten “Bebauungsverpflichtung„ kein klagbarer Anspruch der Antragsgegnerin gegenübersteht. Es handelt sich vielmehr - ebenso wie bei der Begrünungsauflage - um nicht klagbare Verpflichtungen des Käufers, deren Nichterfüllung nur mit einem Rücktrittsrecht sanktioniert ist. Ein derartiger “Anspruch„ wäre schon wirtschaftlich nicht durchsetzbar und entspräche nicht der beiderseitigen Interessenlage. Dementsprechend ist die Auflage, das Grundstück zu bebauen, auch nicht 3 Jahre nach Ablauf der Frist hinfällig geworden.

2. Die Unwirksamkeit des Rücktritts ergibt sich auch nicht daraus, dass er erst 7 Jahre nach Ablauf der für die Bebauung vereinbarten Frist und damit nach Eintritt des Rücktrittsgrundes erklärt wurde. Das Rücktrittsrecht als solches unterliegt nicht der Verjährung. Auch dem Notarvertrag lässt sich keine Frist entnehmen, binnen derer der Rücktritt erklärt werden muss. Die Voraussetzungen einer danach allein in Betracht kommenden Verwirkung des Rücktrittsrechts (hierzu BGH NJW 2002, 669) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist, ohne dass das Recht geltend gemacht wurde (Zeitmoment) und zu dem Zeitablauf besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer die verspätet...

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