Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Anordnungsgrund in e. A.-Verfahren nach dem FamFG

 

Leitsatz (amtlich)

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Familiensachen setzt grundsätzlich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes voraus. Ein solcher Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt, die ein sofortiges gerichtliches Einschreiten notwendig erscheinen lässt, weil ein Zuwarten auf eine Hauptsacheentscheidung zu spät käme. Ein solcher Anordnungsgrund ist in Sorgerechtsfällen bei begründeter Besorgnis einer Kindeswohlgefährdung oder bei Vorliegen sonstiger zwingender Gründe des Kindeswohls gegeben.

Der Anordnungsgrund ist glaubhaft zu machen, d.h. es muss ein nicht zu vernachlässigender Grad an Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der behaupteten Anordnungsgründe gegeben sein.

 

Normenkette

FamFG §§ 57 ff.

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Beschluss vom 18.02.2011; Aktenzeichen 31 F 467/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 18.2.2011 - 31 F 467/10 -, mit welchem der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für vorliegendes einstweilige Anordnungsverfahren zur Abänderung des Sorgerechtes zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechend i.V.m. §§ 63, 64, 57 Satz 2 Nr. 1 und 2 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat nämlich das Familiengericht die Erfolgsaussicht des von der Antragstellerin eingeleiteten einstweiligen Anordnungsverfahrens zur Abänderung des Sorgerechts verneint.

Für das einstweilige Anordnungsverfahren ist Voraussetzung, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vorliegen.

Ein Anordnungsanspruch ist dann gegeben, wenn die antragstellende Seite einen materiell-rechtlichen Anspruch dargetan hat, der den gestellten Verfahrensantrag als begründet erscheinen lässt. Ob ein solcher Abänderungsanspruch nach § 1696 BGB vorliegt, kann dahinstehen. Die beteiligten Kindeseltern hatten sich vor dem AG Brühl am 15.6.2010 durch eine entsprechende Vereinbarung dahin geeinigt, dass der Aufenthalt beider Kinder beim Antragsgegner sein sollte. Entsprechend wurde unter dem 24.8.2010 ein entsprechender Beschluss des Familiengerichts Brühl - 31 F 443/09 - erlassen, in dem das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die Kinder entsprechend dieser Vereinbarung dem Vater, Antragsgegner des hiesigen Verfahrens, übertragen wurde. Diese Entscheidung ist nach § 1696 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Es müssen sich also nach der Entscheidung die Verhältnisse so geändert haben, dass dies eine Änderung der gerichtlichen Entscheidung zu rechtfertigen vermag.

Ob dies vorliegend der Fall ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls hat die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein solcher Anordnungsgrund wäre dann gegeben, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit vorläge, die ein sofortiges gerichtliches Einschreiten notwendig erscheinen ließe. Dies kann vorliegend nicht angenommen werden. Die nunmehr genannten Vorfälle liegen vor der gerichtlichen Entscheidung, die erklärtermaßen einvernehmlich zwischen den beteiligten Kindeseltern getroffen worden war. Von daher verliert die eidesstattliche Versicherung der Kindesmutter vom 11.11.2010 an Gewicht. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Kindesmutter sozusagen sehenden Auges bereit war, dem Antragsgegner das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu überlassen, obwohl sie bei ihm "pädophile Neigungen" vermutete. Gerade unter dem Blickwinkel der Versöhnung einerseits und der späteren Trennung andererseits liegt die Vermutung nicht fern, dass die Kindesmutter durch die nunmehr gemachten Vorwürfe die Sorgerechtsentscheidung rückgängig gemacht wissen will. Hierzu ist aber das Hauptsacheverfahren die zutreffende Verfahrensart. Gerade im Hinblick darauf, dass der Senat eine ausreichende Glaubhaftmachung der besonderen Eilbedürftigkeit nicht erkennen kann und im Rahmen einer eventuellen Beweisaufnahme möglicherweise auch ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, ist das einstweilige Anordnungsverfahren das denkbar ungeeignetste Verfahren, um hier eine Klärung herbeizuführen. Dies gilt umso mehr, als auch das Jugendamt, welches von der Kindesmutter eingeschaltet worden war, keinen Handlungsbedarf gesehen hat. Hätte nämlich die Kindesmutter greifbare und hinreichend belegte Tatsachen für übergriffiges sexuelles Verhalten dem Jugendamt dargelegt, wäre dieses sicherlich eingeschritten.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass der Kindesmutter jedenfalls für das einstweilige Anordnungsverfahren zur Recht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe verweigert worden ist.

Im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO entsprechend ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.

Die Beschwerdegebü...

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