Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 10.10.2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellern zu je 1/3 auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin zu 1) firmiert als eine 2011 in Großbritannien mit einem Stammkapital von 100 £ gegründete Private Limited Company, als deren Direktoren der Antragsteller zu 2) und dessen Ehefrau, die Antragstellerin zu 3) eingetragen worden sind. Beide sind unter der Anschrift Astraße 12 in B wohnhaft, wo sie die Speisegaststätte "C" betreiben. Als Anschrift ihres Sitzes gibt die Antragstellerin zu 1) im vorliegenden Verfahren die Dstraat 39 in E in den Niederlanden an.

Bei der Anschrift Dstraat 39 handelt es sich zugleich um die Anschrift der Beratungsgesellschaft F (im folgenden F) - also einer ebenfalls in einer britischen Gesellschaftsform (Limited Liability Partnership) gegründeten Struktur, die die haftungsbeschränkenden Vorteile einer Körperschaft mit den steuerlichen Vorteilen einer Partnerschaft zu verbinden versucht.

Als die F nach außen repräsentierende natürliche Person tritt der deutsche Staatsangehörige G H auf, der früher über eine Zulassung als Steuerberater in Deutschland verfügte, die er zwischenzeitlich verloren hat, und sich heute als "Belastingadviseur (NL)" - also als Steuerberater nach niederländischem Recht - und zugleich als "Advocate (GB)" - also als Rechtsanwalt nach britischem Recht - bezeichnet. Über eine Niederlassungsberechtigung nach §§ 2 ff. EuRAG in Deutschland verfügt Herr H nicht. Er verfügt mit der Firma I Ltd. in J über eine deutsche Zustellungsanschrift.

Am 12.06.2019 beantragte Herr H für die F, diese wiederum die Antragsteller zu 1) bis 3) vertretend, Akteneinsicht in die Insolvenzakte AG Köln 72 IE 1/14. Der Präsident des Amtsgerichts Köln wies das Gesuch mit Bescheid vom 04.11.2019 (145-I-210-19 Sbd.) mit der Begründung zurück, es liege keine wirksame Vertretung der Antragsteller zu 1) bis 3) vor; weder die F noch Herr H selbst seien gemäß § 79 ZPO i.V.m. § 4 InsO postulationsfähig; daher könne letztlich offen bleiben, ob den Antragstellern ein Akteneinsichtsrecht aus § 299 Abs. 2 ZPO zugestanden hätte.

Der Bescheid vom 04.10.2019 wurde der F am 08.10.2019 zugestellt.

Gegen den Bescheid vom 04.10.2019 haben die Antragsteller zu 1) bis 3), vertreten durch die F, diese wiederum vertreten durch Herrn H, mit einem am 11.10.2019 bei Gericht eingegangenen Schreiben "Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG" gestellt und beantragt, die Verwaltungsakte des Amtsgerichts Köln sowie die begehrte Insolvenzakte beizuziehen und ihnen Akteneinsicht zu gewähren.

In der Sache begehren die Antragsteller, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Präsidenten des Amtsgerichts zu verpflichten, "der Antragstellerin" die begehrte Akteneinsicht zu gewähren.

Weiterhin - wohl hilfsweise - beantragen sie, das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 AEUV dem europäischen Gerichtshof vorzulegen. Wegen der Einzelheiten der Vorlagefragen wird auf den Antragsschriftsatz vom 10.10.2019, Seite 2 ff., Bezug genommen.

Die Antragsteller meinen, die Anwendung der §§ 78 ff. ZPO durch den Präsidenten des Amtsgerichts sei mit der in den Art. 56-62 AEUV verbrieften Dienstleistungsfreiheit nicht zu vereinbaren und berufen sich insofern auf eine Entscheidung des EuGH vom 17.12.2015, C-342/14, deren Entscheidungsgründe sie auch auf den vorliegenden Sachverhalt für übertragbar halten, sowie auf die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung der Qualifikationen ausländischer Dienstleister und die Richtlinie 2013/25/EU.

Der Präsident des Amtsgerichts hat unter dem 21.11.2019 Stellung genommen und beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen. Wegen der Einzelheiten kann auf Bl. 51 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen werden. Der Präsident des Amtsgerichts meint weiterhin, es liege weder bei der F noch bei Herrn H Postulationsfähigkeit vor, daher sei auch der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG nicht wirksam gestellt.

II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist bereits nicht in zulässiger Weise gestellt worden; darüber hinaus könnte er aus den im Wesentlichen gleichen Erwägungen, die seiner Zulässigkeit entgegenstehen, auch in der Sache keinen Erfolg haben. Die Antragsteller sind weder im vorliegenden Verfahren noch bei dem zugrunde liegenden Akteneinsichtsbegehren durch eine postulationsfähige Gesellschaft oder Person wirksam vertreten gewesen.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG muss nach § 24 Abs. 1 EGGVG innerhalb eines Monats nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe des Bescheides schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts oder eines Amtsgerichts gestellt werden. Für das Verfahren vor dem OLG besteht kein Anwaltszwang, eine Vertretung ist nach §§ 10, 11 FamFG zulässig (Pabst, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2017, § 24 EGGVG Rn. 9). Nach § 10 ...

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