Entscheidungsstichwort (Thema)

Negative Feststellungsklage und Kostenerstattungsanspruch des Vermieters bei rechtswidrigem Rückzahlungsverlangen des Mieters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Reagiert der Vermieter auf ein rechtswidriges Rückzahlungsverlangen des Mieters mit der Aufforderung, eine Verzichtserklärung abzugeben, kann die Antwort des Mieters unzureichend sein, der Anspruch werde "nicht gerichtlich geltend gemacht".

2. Das Rechtsschutzinteresse für eine negative Feststellungsklage des Vermieters bleibt bestehen, wenn der angebliche Rückzahlungsanspruch nicht vom Mieter, aber von einem Zedenten weiterverfolgt werden kann. Daher ist es Sache des Mieters, eine jeden Zweifel beseitigende Erklärung abzugeben.

3. Das Risiko eines Irrtums über die Rechtslage trägt in einem derartigen Fall der Mieter. An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Ein Verschulden seines Anwalts wird dem Mieter zugerechnet.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 276, 280, 580a, 581; ZPO §§ 91 a, 256

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 17.11.2010; Aktenzeichen 15 O 122/10)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 17. November 2010 geändert und wie folgt neu gefasst :

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten von 1085,04 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2010 zu zahlen.

  • 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte insgesamt zu tragen, das heißt auch hinsichtlich der in der Hauptsache erledigten negativen Feststellungsklage erster Instanz.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Ursprünglich hat die Klägerin als ehemalige Verpächterin die Feststellung begehrt, dass dem beklagten ehemaligen Pächter ein Anspruch auf Erstattung vermeintlich überzahlter Pacht nicht zusteht. Daneben hat sie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt.

Im Hinblick auf die im Rechtsstreit abgegebene Erklärung des Beklagten, dass seine Forderungen "einer Rechtsgrundlage entbehren", hat die Klägerin den Feststellungsantrag für erledigt erklärt. Dem hat der Beklagte sich angeschlossen, jedoch darum gebeten, die Kosten des erledigten Teils der Klägerin aufzuerlegen.

Mit diesem Antrag ist er durchgedrungen; zugleich ist das Zahlungsverlangen der Klägerin gescheitert. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, mangels Verschulden des Beklagten sei ein Schadensersatzanspruch wegen eines Verstoßes gegen nachvertragliche Pflichten nicht gegeben. Der vom Beklagten eingenommene Rechtsstandpunkt sei aufgrund seiner ursprünglichen Erkenntnismöglichkeiten vertretbar gewesen. Der negativen Feststellungsklage habe schon das Feststellungsinteresse gefehlt. Das ergebe sich aus der vorprozessualen Korrespondenz, die von der Klägerin fehlinterpretiert worden sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin den Zahlungsantrag weiter und begehrt eine umfassende Kostenbelastung des Beklagten. Sie wiederholt, vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Beklagte verteidigt die Entscheidung des Landgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Die negative Feststellungsklage war ursprünglich zulässig und begründet. Das Rechtsschutzinteresse der Klägerin ist erst durch die im Prozess abgegebene Erklärungen des Beklagten entfallen. Nachdem die Hauptsache daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, mussten die Kosten gemäß § 91 a ZPO dem Beklagten auferlegt werden, weil er ohne das erledigende Ereignis in der Hauptsache unterlegen wäre. Daneben schuldet der Beklagte der Klägerin die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten ( §§ 280, 581 BGB ).

Im Einzelnen:

1.

Die negative Feststellungsklage war ursprünglich zulässig und begründet.

a.

Der vom Landgericht vertretenen Auffassung, die Erklärungen des Beklagten unmittelbar vor Prozessbeginn hätten das Feststellungsinteresse der Klägerin entfallen lassen, kann nicht gefolgt werden. Insoweit ist im Tatsächlichen folgendes zu sehen und zu würdigen:

Zwischen den Parteien bestand ein Pachtvertrag über Praxisräume. Der beklagte Arzt kündigte mit Schreiben vom 5. Oktober 2006. Über den Zeitpunkt, zu dem diese Kündigung wirksam wurde, sowie über weitere Rechtsfragen stritten die Parteien in einem Vorprozess beim Landgericht Koblenz. Dieser führte in zweiter Instanz durch Urteil vom 23. November 2009 zu der ( rechtskräftigen ) Erkenntnis, dass der Pachtvertrag aufgrund der Kündigung spätestens am 30. Juni 2007 endete.

Wegen der drei unmittelbar davor liegenden, durch Zahlungen abgegoltenen Monate berühmte der Beklagte sich zunächst eines Rückforderungsanspruchs (Anwaltsschreiben vom 2. Februar 2010 - Bl. 14/15 GA). Die Klägerin trat dem durch Anwaltsschreiben vom 9. Februar 2010 unter Hinweis auf § 580 a Abs. 2 ZPO entgegen und forderte den Beklagten mit weiterem Anwaltsschreiben vom 12. Febru...

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