rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die im Schadensanzeigeformular gestellte Frage nach Vorschäden eines Kfz ist aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers so zu verstehen, daß nach sämtlichen Vorschäden und nicht nur nach dem letzten Vorschaden gefragt wird (Senatsurteil vom 15.1.1999 – 10 U 1574/97 – NVersZ 1999, 272 = VersR 1999, 1536). Vorschäden sind auch dann anzugeben, wenn eine Reparatur stattgefunden hat. Denn das Vorhandensein von Vorschäden kann selbst bei ordnungsgemäßer Reparatur den Wert eines PKW's mindern. Der Versicherer hat ein berechtigtes Interesse daran, Kenntnis von derartigen Schäden zu erlangen, um Nachforschungen zur Ermittlung des Zeitwerts anstellen zu können (im Anschluß an Senatsurteil vom 15.10.1999 – 10 U 102/99).

2. Der Versicherungsnehmer kann die Vermutung für eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung nach § 6 III WG nicht mit dem Argument entkräften, er sei Halter von 15 zugelassenen Firmenfahrzeugen und habe den Unfall vergessen, wenn der drei Jahre zurückliegende und verschwiegene Unfall von ihm selbst verursacht wurde (Umfahren eines Verkehrsschildes) und die vom Sachverständigen kalkulierten Reparaturkosten 11.343,74 DM betrugen. Es handelt sich hierbei entgegen der Auffassung des Versicherungsnehmers nicht um einen Bagatellblechschaden.

 

Normenkette

AKB § 7 Abs. 1 Nr. 2 S. 3, Abs. 5 Nr. 4; WG § 6 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 15 O 452/98)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 17. September 1999 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet.

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus Teilkaskoversicherung wegen Diebstahls seines KfZ in Anspruch.

Die Lebensgefährtin des Klägers stellte dessen PKW Mercedes Benz am 21.2.1998 in B … ab. Am folgenden Tag stellte der Kläger fest, dass der PKW entwendet worden war. Der Versicherungsagent W füllte im Beisein des Klägers am 4.3.1998 die Schadensanzeige aus. Auf dieser trug er aufgrund der. Angaben des Klägers bei der Frage nach Vorschäden ein: „Kotflügel etc. ist repariert April 1997.” Die Spalte „gegebenenfalls Anzahl” füllte er nicht aus. Der Kläger gab an, dass zum Fahrzeug vier Schlüssel gehören. Der Sachverständige ermittelte den Wiederbeschaffungswert auf 75.700, – DM. Mit Schreiben vom 19.6.1998 lehnte die Beklagte den Versicherungsschutz ab, da – das Fahrzeug des Klägers bereits am 24.5.1995 einen erheblichen Frontschaden gehabt habe. Dieser sei vom Kläger verschwiegen worden. Des weiteren wandte die Beklagte ein, dem Kläger seien sechs Schlüssel übergeben worden.

Der Kläger hat vorgetragen, den Vorschäden im Jahre 1995 habe er nicht vorsätzlich verschwiegen. Beim Ausfüllen der Schadensanzeige sei er davon ausgegangen, dass nur der letzte Vorschaden relevant sei. Außerdem sei ihm der Vorschaden vom Mai 1995 in Höhe von 11.343,73 DM im Zeitpunkt der Schadensanzeige nicht mehr in Erinnerung gewesen, da er ca. 15 weite Fahrzeuge als Firmenfahrzeuge angemeldet habe. Im übrigen sei die Schadensanzeige nur unvollständig, jedoch nicht falsch ausgefüllt worden, so dass die Beklagte Rücksprache hätte halten müssen. Schließlich habe die Beklagte den Vorschaden auch gekannt, da die frühere Versicherung des Klägers, die C … Versicherung, der Beklagten am 24.2.1998 eine Versicherungswechselbescheinigung zugesandt habe, aus der sich die Regulierung des Vorschadens ergeben habe.

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung eines Betrages von 12.000 DM in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

II.

1) Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, weil die Beklagte wegen Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei geworden ist (§ 7 I Nr. 2 S. 3 und V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 III S. 1 VVG). Leistungsfreiheit des Versicherers besteht, wenn der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit verletzt hat, nach Eintritt des Versicherungsfalls alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestands und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, es sei denn, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich maßgeblich nach den vom Versicherer im Schadensanzeigeformular gestellten Fragen (Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl. (1998), § 7 AKB Rdnr. 13; Senatsurteil vom 12.3.1999 – 10 U 419/98NVersZ 1999, 273, 274). Zur Obliegenheit des Versicherungsnehmers gehört es, dass die in der Schadensanzeige gemachten Angaben wahrheitsgemäß und vollständig sind. Unter die Aufklärungspflicht fallen sämtliche Umstände, die zur Feststellung des Entschädigungsbetrags von Bedeutung sein können. Dies gilt vor allem bei Entwendungen von Kraftfahrzeugen, bei denen der Versicherer keine eigenen Erkenntnismöglichkeiten hat (Prölss/Martin, § 7 Rdnr. 43; Senatsurteil vom 15. Januar 1999 – 10 U 1574/97 – NVersZ 1999,...

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