Normenkette

VStGB § 7 Abs. 1 Nrn. 5, 9, Abs. 2; StGB §§ 27, 46b

 

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Folter und schwerwiegender Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von

vier Jahren und sechs Monaten

verurteilt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

A. Feststellungen

I. Feststellungen zur Person

Der Angeklagte wurde am 25. Mai 1976 in Damaskus geboren und ist syrischer Staatsangehöriger. Er ist aufgewachsen im Osten Syriens; sein Heimatort ist die Kleinstadt Muhasan im Gouvernement Deir Ezzor. Der Angeklagte hat mindestens vier Geschwister, einen älteren und einen jüngeren Bruder sowie zwei Schwestern. Sein Vater ist zu nicht feststellbarer Zeit verstorben. Seine Mutter und sein jüngerer Bruder halten sich in der Türkei auf. Eine Schwester lebt mit eigener Familie in Griechenland, eine andere Schwester in Damaskus.

Der Angeklagte besuchte die Schule in seinem Heimatort bis zur 12. Klasse und verließ sie ohne Abschluss. Im Anschluss hieran lebte er in den Jahren 1994 bis 1996 mit zwei Brüdern und einem Onkel in Damaskus im Stadtteil Almydan. Am 10. Juli 1996 - im Alter von 20 Jahren - trat der Angeklagte dem syrischen Allgemeinen Geheimdienst bei, dem er bis zu seiner Desertion Anfang Januar 2012 diente. Auch während seiner Tätigkeit für den Geheimdienst wohnte er weiter in Damaskus; teilweise war er dabei in Unterkünften des Nachrichtendienstes untergebracht. Der Angeklagte schlug die Unteroffizierslaufbahn ein und erreichte den Dienstgrad eines Oberstabsfeldwebels. Orte und Aufgaben seiner Tätigkeit bei dem Geheimdienst sind Gegenstand der Feststellungen zur Sache. Zur verfahrensgegenständlichen Tat kam es im September oder Oktober 2011.

Der Angeklagte desertierte am 5. Januar 2012 und kehrte - zunächst ohne seine Ehefrau und seine damals vier Kinder, welche in Damaskus verblieben - in seinen Heimatort Muhasan zurück, wo er sich für eine unbekannte Dauer aufhielt. Hinsichtlich seines Verbleibes wurden seitens des Geheimdienstes bei seiner Frau und seinem Bruder Erkundigungen angestellt. Wann der Angeklagte mit seiner Familie, die sich zu einem unbekannten Zeitpunkt ebenfalls nach Ostsyrien begab, wieder zusammentraf, konnte ebenso wenig verlässlich festgestellt werden wie der Zeitpunkt, zu dem er Syrien verließ, und ob dies zusammen mit seiner Familie geschah. Der Angeklagte gelangte jedenfalls über die Türkei, wo er nach eigenen Angaben längere Zeit verblieben sein will, nach Griechenland. Am 25. April 2018 reiste er von dort zusammen mit seiner Frau und fünf der sechs gemeinsamen Kinder über den Luftweg nach Deutschland ein. Die Einreise geschah im Wege der Familienzusammenführung, da ...[C], ein seinerzeit minderjähriger Sohn des Angeklagten, bereits vorausgeschickt worden und zuvor in Deutschland eingetroffen war.

In Deutschland beantragte der Angeklagte zusammen mit seiner Ehefrau am 9. Mai 2018 Asyl. Am 2. August 2018 erhielt er eine befristete Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens, das bislang nicht abgeschlossen ist. Der Angeklagte war mit seiner Familie zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung in ...[a] untergebracht. Ab dem Sommer 2018 wurde ihm eine Wohnung in der ...[b]straße ... in ...[c] zugewiesen, wo er mit seiner Frau und seinen Kindern - mit Ausnahme seines ältestes Sohnes ...[D] - bis zu seiner Verhaftung lebte. Der Angeklagte und seine Familie erhalten in Deutschland eine Grundsicherung nach den AsylbLG.

Der Angeklagte ist muslimischen Glaubens und Sunnit. Er ist seit dem 1. September 1998 mit der am ...1977 geborenen ...[E] verheiratet. Aus der Ehe sind sechs Kinder hervorgegangen, der am ... 1999 geborene Sohn ...[D], die am ... 2001 in Damaskus geborene Tochter ...[F], der am ... 2002 in Damaskus geborene Sohn ...[C], die am ... 2005 in Damaskus geborene Tochter ...[G], der Sohn ...[H], für welchen syrische Personenstandsurkunden als Geburtstag den ... 2014 und als Geburtsort Deir Ezzor ausweisen, und die Tochter ...[J], für welche als Geburtsdatum und -ort der ... 2015 und Deir Ezzor angegeben sind. Die älteste Tochter des Angeklagten, ...[F], leidet an einer Muskelatrophie und ist auf einen Rollstuhl angewiesen.

Der Angeklagte ist in Deutschland vorbestraft. Gegen ihn wurde wegen Körperverletzung durch Strafbefehl des Amtsgerichts ...[a] vom 24. Juli 2018 (Az. 8143 Js 20064/18 - Cs), rechtskräftig seit dem 1. September 2018, eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 5 € verhängt, die mittlerweile vollständig vollstreckt ist. Dem Erkenntnis liegt zugrunde, dass der Angeklagte am 26. Mai 2018 in einer Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in ... [a] anlässlich einer Auseinandersetzung zwischen seinem Sohn und einem anderen Kind das andere Kind ins Gesicht geschlagen hatte.

Im vorliegenden Verfahren wurde der Angeklagte am 12. Februar 2019 aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. Februar 2019 (Az. 4 BGs 25/19) fest- und in Untersuchungshaft genomm...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge