Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltspflicht, biologischer Vater - Scheinvater

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 12.11.2002; Aktenzeichen 9 O 353/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 12.11.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Der Kläger war seit dem 5.7.1974 mit E. verheiratet, als die Ehe aufgrund eines Antrags vom 24.7.1997 am 5.2.2002 geschieden wurde. Während der Ehe, am 25.6.1988, gebar E. das Kind F. Das Kind stammt biologisch vom Beklagten ab und lebt seit der räumlichen Trennung der Eheleute am 1.8.1997 mit seiner Mutter und dem Beklagten in einem Haushalt. Im Sorgerechtsverfahren berief sich der Kläger auch danach noch auf seine Vaterschaft; so in einem Schriftsatz vom 22.1.1999. Der Kläger hat, was die Lage kennzeichnet, im Verfahren 6 F 206/97 des AG Wittlich, dessen Akten Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat waren, unter dem 10.7.1998 in Kenntnis der biologischen Abstammung des Kindes vom Beklagten Folgendes an Eides statt versichert: "... Ich empfinde mich als Vater des Kindes. Nachdem ich Frührentner bin und meine Ehefrau erwerbstätig war, war im Wesentlichen ich es, der F. versorgt und betreut hat, so dass sich aus meiner Sicht eine enge Vater-Kind-Beziehung entwickelt hat. An dieser Einstellung meiner Person zum Kind ändert die biologische Gegebenheit nichts. ... ." Der Kläger sucht dementsprechend bis heute Kontakt zu dem Kind. Er erhob unter dem 3.7.1997 eine Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Kind von ihm abstamme (4 C 462/97 AG Wittlich). Diese Klage wurde vom Kläger zurückgenommen, nachdem ein Abstammungsgutachten ergeben hatte, dass nicht er der Vater sei, und nachdem anschließend auf die Verfristung i.S.v. § 1594 BGB hingewiesen sowie darüber Beweis erhoben worden war. Seit der Ehescheidung zahlt der Kläger monatlich den gesetzlichen Kindesunterhalt i.H.v. derzeit 293,48 Euro. Er begehrt vom Beklagten die Rückzahlung erbrachter Leistungen und die Freistellung von künftigen Zahlungen.

Der Kläger hat im Kern vorgetragen, nach § 242 BGB oder entsprechend § 1751 BGB müsse er von der Unterhaltspflicht freigestellt werden, weil der Beklagte unstreitig der biologische Vater sei und dieser mit dem Kind und dessen Mutter zusammenlebe. Ihm selbst bleibe danach nur die Zahlungspflicht. Ihn allein daran festzuhalten, erscheine sittenwidrig. Von der Vaterschaft des Beklagten habe er nicht bereits bei der Geburt des Kindes gewusst. Er sei nur zeitweise zeugungsunfähig gewesen. Seine frühere Ehefrau habe ihm nicht von der ehewidrigen Beziehung zum Beklagten berichtet. Die Unterhaltspflicht belaste ihn als Frührentner unangemessen.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.521,78 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz jeweils aus 293,48 Euro seit dem 3.3., 3.4., 3.5. und 3.6.2002 zu zahlen, ferner ihn ab Juli 2002 von der Unterhaltszahlungspflicht freizustellen, hilfsweise ihm den ab dann zu zahlenden Unterhalt zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat im Wesentlichen ausgeführt, es fehle mit Blick auf §§ 1592, 1600d Abs. 4 BGB an einer Anspruchsgrundlage. Der Kläger habe schon während der Schwangerschaft der Kindesmutter gewusst, dass das Kind nicht von ihm abstamme; denn er sei zeugungsunfähig gewesen und seine damalige Ehefrau habe ihm gesagt, durch wen sie schwanger geworden sei. Der Kläger habe das Kind in der Folgezeit dennoch wie ein eigenes angenommen. Auch nach der Zurücknahme der Klage auf Feststellung seiner Vaterschaft habe er weiter die Vaterrolle ausüben wollen und sogar bis zum August 2001 um das Sorgerecht gekämpft. Die Unterhaltspflicht belaste den Kläger nicht unangemessen, da er vermögend sei.

Das LG hat die Klage abgewiesen (Bl. 66 ff. GA). Zwar sei der Unterhaltsanspruch nach § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB auf den Beklagten übergegangen. Dem Klagebegehren stehe aber die Rechtsausübungssperre gem. § 1600d Abs. 4 BGB entgegen, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst nach deren förmlicher Anerkennung oder gerichtlicher Feststellung geltend gemacht werden könnten. Daran fehle es bisher. Dass der Beklagte die Vaterschaft nicht leugne, sei unerheblich. Eine teleologische Reduktion der §§ 1594 Abs. 1, 1600d Abs. 4 BGB komme nicht in Betracht. § 242 BGB könne die Rechtsausübungssperre nicht überwinden. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigter Bereicherung oder unerlaubter Handlung scheide deshalb aus. Eine vertragliche Vereinbarung der Freistellung von künftigen Unterhaltszahlungen sei nicht zustande gekommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Dabei ändert er seine Klageanträge wegen des Zeitablaufs. Er beanstandet die rechtliche Wertung des LG hinsichtlich des Grundsatzes von Treu und Glauben; damit lasse sich die Rechtsausübungssperre über...

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