Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt, wobei sich der Erbe auf Verwirkung des Ehegattenunterhalts beruft

 

Normenkette

BGB § 1579 Nr. 7, § 1586b

 

Verfahrensgang

AG Bingen am Rhein (Urteil vom 04.04.2001; Aktenzeichen 9 F 248/99)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 4. April 2001 bleibt aufrecht erhalten.

Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die Tochter des am 10. Juli 1999 verstorbenen F. F. S. und der Beklagten. Die am … August 1941 geborene Beklagte heiratete F. S. 1960. Die Ehe wurde 1989 geschieden. Die Beklagte und ihr Ehemann schlossen anlässlich der Scheidung einen Vergleich vor dem Amtsgericht Karlsruhe, wonach er der Beklagten monatlich 500 DM nachehelichen Unterhalt zu zahlen hatte (Bl. 9–11 GA). Nach dem Tod des Erblassers kündigte die Beklagte an, die Klägerin als Alleinerbin ihres Vaters aus dem gerichtlichen Vergleich in Anspruch nehmen zu wollen.

Sie lebt seit 1995 in eheähnlicher Gemeinschaft mit G. S. Die Klägerin stützt darauf ihre Abänderungsklage und macht geltend, die Beklagte habe ihren Anspruch auf nachehelichen Unterhalt verwirkt. Dem hält die Beklagte im Wesentlichen entgegen, der Erblasser habe hiervon gewusst und gleichwohl den Unterhalt gezahlt. Das sei als Verzeihung zu werten.

Das Familiengericht hat durch Urteil vom 4. Oktober 2000 den Vergleich dahingehend abgeändert, dass die Klägerin ab dem Monat August 1999 nicht mehr verpflichtet ist, den nach dem Vergleich geschuldeten Unterhalt zu zahlen. Auf das Urteil wird Bezug genommen (Bl. 101–105 GA).

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt und geltend macht, die Voraussetzungen des § 1579 BGB seien hier nicht gegeben.

Die Beklagte hat zunächst den Antrag angekündigt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Nachdem sie im Termin vom 4. April 2001 säumig war, hat die Klägerin beantragt,

die Berufung durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.

Entsprechend hat der Senat durch Urteil vom 4. April 2001 erkannt (Bl. 148 GA).

Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 4. April 2001 das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil des Senats aufrecht zu erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Auf den in formeller Hinsicht nicht zu beanstandenden Einspruch ist das Versäumnisurteil vom 4. April 2001 aufrecht zu erhalten. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO ist zulässig. Die Parteien sind zwar nicht die Parteien des Titels, dessen Abänderung die Klägerin erstrebt. Indes ist die Klägerin als Alleinerbin Rechtsnachfolgerin des Unterhaltsschuldners. Der Titel kann damit ohne Weiteres gem. § 727 ZPO auf sie umgeschrieben werden. Damit kann sie auch die Abänderung des Titels verlangen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 765).

Die Klägerin ist ab August 1999 nicht mehr verpflichtet, der Beklagen nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Zwar haftet sie grundsätzlich gemäß § 1586 b BGB als Erbin für den nachehelichen Unterhalt der Beklagten. Jedoch ist der Unterhaltsanspruch gemäß § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt. Hierauf kann die Klägerin sich auch berufen, obwohl der Erblasser dies nicht getan hat.

Die Rechtsnatur des Anspruchs auf Unterhalt wird durch den Tod des geschiedenen Ehegatten nicht geändert (vgl. BGH FamRZ 1986, 164). Grundsätzlich bleiben damit alle Vorschriften für den Grund und die Höhe des Anspruchs anwendbar, damit auch § 1579 BGB.

Das langjährige Zusammenleben der Beklagten mit ihrem Lebensgefährten in einer eheähnlichen Gemeinschaft stellt einen schweren Grund im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB dar. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, seit 1995 in ehegleicher Gemeinschaft mit Herrn S. zu leben. Sie gab in diesem Jahr ihre Wohnung in K. auf und zog in dessen Wohnung ein. Beide führen nicht nur einen gemeinsamen Haushalt, sondern treten spätestens seitdem auch in der Öffentlichkeit und bei Familienfeiern als Paar auf. Unter diesen Voraussetzungen kann, wenn wie hier die Gemeinschaft sich verfestigt hat, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verpflichtung des Ehegatten zur Zahlung von Unterhalt entfallen, wenn es als grob unbillig erschiene, das weiter Unterhalt gezahlt werden müsste (BGH FamRZ 1989, 487). Der Billigkeit kann es stattdessen auch entsprechen, den Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen.

Lebte der Erblasser noch, könnte er sich auf den Verwirkungsgrund berufen. Damit kann es auch die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin (vgl. Soergel-Häberle, BGB, 12. Aufl., § 1586 b Rnr. 3; OLG Celle – 10 UF 122/0...

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