Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Betreuungsunterhalt; Erwerbsobliegenheit bei Betreuung sowohl des gemeinschaftlichen Kindes als auch eines weiteren nichtgemeinschaftlichen Kindes schon während des ehelichen Zusammenlebens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Betreut der Unterhalt wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes beanspruchende Ehegatte neben dem gemeinschaftlichen Kind ein weiteres nichtgemeinschaftliches Kind, so sind bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Ehegatten grundsätzlich nur die Belange des gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. Im Rahmen des Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB ist nicht relevant, inwieweit der betreuende Ehegatte wegen der Betreuung eines weiteren nichtgemeinschaftlichen Kindes an der Ausweitung oder Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert ist.

2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das nichtgemeinschaftliche Kind bereits während des ehelichen Zusammenlebens von dem betreuenden Ehegatten im Einverständnis des anderen Ehegatten betreut worden ist. Allein aus diesem Grund kann auch eine grobe Unbilligkeit i.S.d. § 1576 BGB nicht angenommen werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1570, 1576

 

Verfahrensgang

AG Mainz (Urteil vom 03.07.2009; Aktenzeichen 35 F 427/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG - Familiengericht - Mainz vom 3.7.2009 zu Ziff. 2. teilweise abgeändert und neu gefasst wie folgt:

Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin nachehelichen Unterhalt für die Zeit von Dezember 2009 bis einschließlich Juni 2010 i.H.v. 383 EUR monatlich sowie für die Zeit ab Juli 2010 i.H.v. 198 EUR monatlich, fällig jeweils zum 1. eines Monats, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 2/3 der Antragsgegner und zu 1/3 die Antragstellerin.

Hinsichtlich der Kosten erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Durch das angefochtene Urteil, auf das zur Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das AG die am 13.7.2002 geschlossene Ehe der Parteien geschieden, den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 385,41 EUR monatlich abgewiesen und den Versorgungsausgleich dergestalt geregelt, dass zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin Anwartschaften von monatlich 52,25 EUR sowie i.H.v. weiteren 8,60 EUR begründet worden sind.

Mit ihrer auf die Abweisung der Unterhaltsklage beschränkten Berufung begehrt die Antragstellerin unter Abänderung des Urteils des AG die Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt i.H.v. 385,41 EUR beginnend ab dem Monat, der auf die Rechtskraft des Urteils des AG folgt, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Die Antragstellerin trägt vor, das AG habe zu Unrecht angenommen, dass sie derzeit in der Lage sei, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen. Unter Berücksichtigung der Zeiten, in denen das gemeinschaftliche 5 Jahre alte Kind sowie ihre 9 Jahre alte Tochter F betreut seien, sei ihr eine Ausweitung der jetzigen Halbtagstätigkeit, die ohnehin bereits Wochenendarbeitszeiten umfasse, nicht zumutbar. Bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber müsse sie bei einer Ausweitung ihrer Tätigkeit Spätdienst bis 21.30 Uhr leisten und wäre zu Nachtdiensten verpflichtet. Auch aus gesundheitlichen Gründen könne sie nicht mehr als halbtags tätig sein.

Der Antragsgegner begehrt die Zurückweisung der Berufung. Er verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung und macht geltend, der Betreuungsaufwand für das nichtgemeinschaftliche Kind sei im Verhältnis zu ihm nicht zu berücksichtigen. Die gemeinschaftliche Tochter D, die einen Ganztagskindergarten besucht, könne ggf. über die Öffnungszeiten des Kindergartens hinaus fremd betreut werden.

II. Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat teilweise Erfolg.

Die Antragstellerin kann von dem Antragsgegner Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 383 EUR für die Zeit von Dezember 2009 bis einschließlich Juni 2010 sowie i.H.v. 198 EUR für die Zeit ab Juli 2010 verlangen.

Die Antragstellerin ist derzeit halbtags als Altenpflegerin tätig; die Arbeitszeiten liegen werktags zwischen 7.00 Uhr und 13.00 Uhr sowie samstags und sonntags zwischen 6.00 Uhr und 14.00 Uhr, wobei die Antragstellerin jeweils an 2 aufeinander folgenden Tagen frei hat. Die gemeinsame Tochter der Parteien besucht einen Ganztagskindergarten, der täglich bis 16.30 Uhr geöffnet ist. Ein Umgang der gemeinsamen Tochter mit dem Antragsgegner findet nicht statt.

Das nichtgemeinschaftliche Kind F besucht die 3. Klasse und ist in der Grundschule bis 14.00 Uhr betreut.

Nach § 1570 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die...

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