Normenkette

BGB §§ 31, 826; ZPO § 138 Abs. 4, §§ 286-287

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Urteil vom 05.10.2018; Aktenzeichen 2 O 250/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.05.2020; Aktenzeichen VI ZR 252/19)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 05. Oktober 2018 teilweise unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.616,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2017, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Sharan 2.0 TDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ... zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des VW Sharan 2.0 TDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ... in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.474,89 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. November 2017.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger 19%, die Beklagte 81%.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

7. Die Revision wird zugelassen.

8.Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.490,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Rückzahlung des Kaufpreises für einen Personenkraftwagen, dessen Motor mit einer Steuerungssoftware versehen ist, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand betrieben wird, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Der Kläger erwarb am 10. Januar 2014 zu einem Preis von 31.490,- EUR brutto von einem Autohändler einen Gebrauchtwagen VW Sharan 2.0 TDI match, der mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA 189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet und dessen Hersteller die Beklagte ist. Der Kilometerstand bei Erwerb betrug 20.000 km. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.

Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. So werden mehr Stickoxide in den Motor zurückgeführt, wo sie erneut am weiteren Verbrennungsvorgang beteiligt werden, bevor sie das Emissionskontrollsystem erreichen. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführung-Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxid-Ausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typengenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand.

Im September 2015 räumte der Hersteller öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Gegen die Beklagte erging unter dem 15. Oktober 2015 ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrtbundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung, der auch das Fahrzeug des Klägers betrifft. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte als Hersteller gab mit Pressemitteilung vom 25. November 2015 bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen die Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 mit 2,0-Liter-Hubraum entfernt werden sollte. Nach der Installation sollen die betroffenen Fahrzeuge nur noch in einem adaptierten Modus 1 betrieben werden. Der Kläger hat das Software-Update im Februar 2017 durchführen lassen.

Mit Schreiben vom 15. September 2017 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Rückerstattung des Kaufpreises unter Fristsetzung bis zum 1. Oktober 2017 auf und bot Zug um Zug die Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs an. Dessen Kilometerstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz betrug 66.557 km und in der Berufungsinstanz 72.229 km.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er sei aufgrund der EG-Übereinstimmungs-bescheinigung davon ausgegangen, dass der PKW mit dem genehmigten Typ übereinstimme und alle europäischen und nationalen Vorschriften erfülle. Er habe geglaubt umweltbewusst zu handeln, da die NOx-Emissionen auch im realen Fahrbetrieb mit den offiziellen Angaben der Beklagten in Einklang stünden. Wenn er von der verwendeten Software gewusst hätte, hätte er das Fahrzeug nicht erworben.

Die Software habe die Beklagte mit dem Ziel der Gewinnmaximierung eingesetzt und dabei Erkrankungen und Gesundheitsschäden vieler Menschen in Kauf geno...

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