Entscheidungsstichwort (Thema)

Tierhalterhaftung: Realisierung einer spezifischen Tiergefahr; gesetzlicher Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger bei völliger Unwahrscheinlichkeit der Entstehung einer Leistungspflicht; Schmerzensgeldanspruch bei Rotatorenmanschettenteilruptur

 

Normenkette

BGB §§ 253, 254 Abs. 1, § 833 S 1; SGB 10 § 116 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 01.03.2012; Aktenzeichen 3 U 421/13)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Trier vom 1.3.2012 dahingehend abgeändert, dass

1. der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 4.927,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2011 zu zahlen;

2. der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger ein Schmerzensgeld i.H.v. 2.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2011 zu zahlen;

3. festgestellt wird, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 60 % des diesem anlässlich des Unfalls vom 4.7.2010 entstandenen oder noch zu entstehenden Schadens, materieller und immaterieller Art, zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind oder übergehen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

4. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Trier vom 1.3.2012 wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger 55/100, der Beklagte 45/100. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 45/100, der Beklagte 55/100.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der am ... 1935 geborene Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Heilbehandlungskosten sowie Schmerzensgeld und die Feststellung zur Schadensersatz- und Schmerzensgeldverpflichtung aufgrund eines Sturzes am 4.7.2010 im Zusammenhang mit dem Hund des Beklagten.

Der Kläger fuhr in seiner Jugend erfolgreich Kanurennen, in den letzten Jahren bis zum 4.7.2010 weiter ein- bis zweimal wöchentlich je 10 km Rennkajak. Der Beklagte ist Jäger.

Am Vormittag des 4.7.2010 spazierte der Kläger mit dem angeleinten 40 cm hohen Hund seiner Tochter in den Weinbergen der Gemeinde L.. Dies hatte er bereits zuvor häufiger getan. Dort kam ihm auf einem asphaltierten Weg kurz vor einer Kurve der ca. 60 cm hohe nicht angeleinte, ausgebildete und geprüfte Jagdhund des Beklagten entgegen, wobei der Beklagte diesen erst kurz vor der Kurve aus dem Auto gelassen hatte, da erfahrungsgemäß dort selten Leute waren und ihm mit seinem Fahrzeug sodann im Abstand von etwa 20 bis 40 Meter folgte. Der Kläger nahm den von ihm geführten Hund sodann kürzer an die Leine, indem er diese mehrfach um sein Handgelenk wickelte. Beide Hunde beschnupperten sich, sprangen umeinander und gingen aufeinander los. Der Kläger stürzte in diesem Zusammenhang und zog sich bei dem Sturz eine Prellung der Schulter mit einer Rotatorenmanschettenteilruptur zu.

Nach dem Sturz ging der Kläger zu seiner Tochter, die einen Orthopäden aus der Nachbarschaft hinzurief, der ihn untersuchte. Auf dessen Empfehlung begab sich der bei der gesetzlichen Krankenversicherung I. versicherte Kläger sodann in die Notaufnahme des Krankenhauses, im Juli 2010 in eine radiologische Praxis und sodann im selben Monat, nachdem er Strafanzeige gestellt hatte und noch bevor er den Namen des Beklagten erfuhr, in die auf Schulterchirurgie spezialisierte A.-Privatklinik, H.. Er entschied sich auf Empfehlung zur dortigen Operation an der rechten Schulter. Ein älterer Abriss der langen Bizepssehne wurde dabei mitbehandelt. Der stationäre Aufenthalt währte vom 02.08. bis 6.8.2010. Bis zum 11.9.2010 war sein rechter Arm mit einem Abduktionskissen fest an den Oberkörper fixiert. Bis Ende September 2010 war die Beweglichkeit noch sehr stark eingeschränkt. Nach Ablauf des siebten postoperativen Monats konnte der Kläger wieder Sport treiben. Bis April 2011 unterzog er sich einer Physiotherapie. Sowohl vor der Behandlung als auch nach der Operation hatte der Kläger bei seiner Krankenversicherung nachgefragt, ob diese die in der Privatklinik entstandenen Kosten tragen werde, was die I. jeweils verneint hatte. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten unterhält mit der Krankenversicherung des Klägers ein Teilungsabkommen, wonach die Haftpflichtversicherung die Behandlungskosten zu 45 % gegenüber der Krankenversicherung ersetzen muss.

Der Kläger hat die Arzt- und Behandlungskosten i.H.v. insgesamt 8.212,81 EUR geltend gemacht, für vier Hin- und Rückfahrten in die A.-Klinik pro Kilometer 0,30 EUR, was bei 1.248 km einen Betrag von 374,40 EUR ergibt, nebst Schmerzensgeld und Feststellung zur Schadensersatz- und Schmerzensgeldverpflichtung wegen Zukunftsschäden.

Der Kläger hat vorgetragen, als die Hunde ihn umkreist hätten, habe er - die Leine fest in der Hand - das Gleichgewicht verloren, einen Ausfallschritt nach vorne gemacht und sei dabei über die Hundekörper gestolpert. Er sei auf die rechte Schulter gefallen. Danach erst ...

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