Entscheidungsstichwort (Thema)

Legitimationswirkung des Versicherungsscheins bei Auszahlung an einen Versicherungsmakler

 

Normenkette

ALB 86 § 11; BGB § 808

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 15 O 252/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Koblenz v. 9.3.2001 wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 82 %, die Beklagte 18 %, von den außergerichtlichen Kosten die Klägerin 74 %, die Beklagte 26 % zu tragen.

Die Beklagte ist des Rechtsmittels der Anschlussberufung verlustig.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin hatte bei der Beklagten zwei Lebensversicherungen mit den Versicherungs-Nrn. …–5 und …–7 abgeschlossen. Über die Vers.-Nr. …–7 erhielt die Beklagte ein auf den Namen der Klägerin lautendes Kündigungsschreiben vom 5.2.1998 (GA 26). Der Vertrag mit der Nr. …–5 wurde mit Schreiben des Versicherungsmaklers B. v. 20.4.1998 zum 30.4.1998 gekündigt (GA 12). Diesem Schreiben war ein „Versicherungsmakler-Mandat” beigefügt, welches unter dem Datum 16.4.1998 eine auf den Namen der Klägerin lautende Unterschrift trug (GA 10). Weiter war dem Kündigungsschreiben der Versicherungsschein beigefügt. Auf die Kündigungen zahlte die Beklagte auf das Konto … bei der Raiba M. e.G. aus: Am 26.3.1998 8.145 DM auf den Vertrag-Nr. …–7 und am 12.5.1998 11.030,90 DM auf den Vertrag-Nr. …–5. Kontoinhaber des Gutschriftskontos war der Versicherungsmakler B. Mit der Klage hat die Klägerin die Auszahlung dieser beiden Beträge an sich verlangt.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe weder das Kündigungsschreiben v. 5.2.1998 verfasst oder unterschrieben, noch habe sie das Versicherungsmakler-Mandat unterzeichnet. Diese Unterschriften habe der Versicherungsmakler B. gefälscht, um die Rückkaufswerte für sich zu vereinnahmen. Zwar habe sie Herrn B. die Versicherungspolicen übergeben. Dies sei aber nur geschehen, damit er überprüfe, ob eine Änderung der Versicherungsverträge sinnvoll sei.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.175,90 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8.9.1999 zu zahlen. Die Beklagte hat sich unter Bezugnahme auf § 11 ALB 1986 auf Leistungserfüllung berufen.

Das LG hat nach Beweisaufnahme und Einholung eines schriftvergleichenden Sachverständigengutachtens unter Klageabweisung i.Ü. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 8.145 DM nebst 4 % Zinsen seit 8.9.1999 zu zahlen. Soweit eine Verurteilung erfolgt ist, hat das LG u.a. darauf abgestellt, dass hinsichtlich des Vertrages Nr. …–7 bei Kündigung des Versicherungsvertrages der Versicherungsschein als Legitimationspapier nicht vorgelegt worden sei. Hinsichtlich des Leistungsanspruchs betreffend die Versicherung Nr. –5 stehe der Erfüllungseinwand entgegen. Die Beklagte habe nach Vorlage des Versicherungsscheins mit befreiender Wirkung an den Versicherungsmakler gezahlt. Mit der Berufung erstrebt die Klägerin Zahlung weiterer 11.030,90 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat, soweit eine Verurteilung erfolgt ist, Anschlussberufung eingelegt, diese im Berufungsverfahren zurückgenommen.

II. Die Berufung ist nicht begründet.

1. Das LG hat zu Recht die weitergehende Klage hinsichtlich des Leistungsanspruchs hinsichtlich der Lebensversicherung mit der Versicherungsschein-Nr. …–5 abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

a) Der Versicherungsmakler B. hat mit Schreiben v. 20.4.1998 o.g. Versicherungsvertrag zum 30.4.1998 unter Beifügung des Maklermandats und des Versicherungsscheins gekündigt und um Überweisung des Rückkaufswerts auf sein Konto gebeten. Es mag offen bleiben, ob die Klägerin das Versicherungsmakler-Mandat unterzeichnet hat oder ob der Makler die Unterschrift gefälscht hat. Auch kann dahinstehen, ob eine etwaige mit dem Maklermandat erteilte Vollmacht, Erklärungen für die Versicherungsnehmerin bei Versicherungsunternehmen abzugeben, bestehende Versicherungen zu kündigen und neue Versicherungen abzuschließen, auch eine Inkassovollmacht des Maklers beinhaltete. Berücksichtigt man, dass die Vollmacht u.a. dazu dient, für den Versicherungsnehmer eine Umstrukturierung seiner Versicherungsverhältnisse vorzunehmen, so erscheint eine Inkassovollmacht zugunsten des Maklers nicht von vornherein sachfremd. Die Beklagte hat jedenfalls aufgrund des vorgelegten Versicherungsscheins leistungsbefreiend den Rückkaufswert aus der Versicherung ausgezahlt. Gem. § 11 ALB 86 kann der Versicherer den Inhaber des Versicherungsscheins als berechtigt ansehen, über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen, insb. Leistungen in Empfang zu nehmen. Aufgrund der Inhaberklausel wird der Versicherungsschein zu einem qualifizierten Legitimationspapier i.S.v. § 4 Abs. 1 VVG, § 808 BGB. Der Aussteller wird grundsätzlich dann von seiner Leistungspflicht befreit, wen...

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