Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzung des Aufstockungsunterhalts sowie Abgrenzung vom Unterhalt wegen Krankheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Unterhaltsberechtigte krankheitsbedingt nur zu einer teilschichtigen Tätigkeit in der Lage, ist er durch den Krankenunterhalt so zu stellen, als wenn er ein Einkommen aus einer ihm möglichen vollen Erwerbstätigkeit erzielen würde. Eine darüber hinausgehende Differenz zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist im Wege des Aufstockungsunterhalts auszugleichen.

2. Der Aufstockungsunterhalt kann auch nach 25-jähriger Ehe zeitlich begrenzt werden, wenn die Einkommensdivergenz der Ehegatten nicht auf ehebedingten Nachteilen beruht und es dem Unterhaltsberechtigten - auch unter Berücksichtigung seines Alters - zumutbar ist, sich dauerhaft auf einen niedrigeren Lebensstandard einzurichten, der lediglich seinen eigenen beruflichen Möglichkeiten entspricht (im Anschluss an BGH v. 12.4.2006 - XII ZR 240/03, BGHReport 2006, 1027 = MDR 2006, 1234 = NJW 2006, 2401 = FamRZ 2006, 1006); das gilt auch dann, wenn der Unterhaltsberechtigte in der Ehe einen Großteil der Hausarbeit sowie der Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber zwei gemeinsamen Kindern wahrgenommen hat (hier Befristung auf fünf Jahre nach einer Trennungszeit von ebenfalls fünf Jahren, innerhalb derer bereits Unterhalt gezahlt wurde).

3. Der gem. § 5a Abs. 2 der Beihilfeverordnung RLP zu zahlende monatliche Beitrag von 13 EUR ist einkommensmindernd zu berücksichtigen. Gleiches gilt hinsichtlich der gem. § 12c dieser Verordnung vom Beihilfeberechtigten zu tragenden Kostendämpfungspauschale (wie OLG Koblenz NJW-RR 2004, 1012).

 

Normenkette

BGB § 1572 Nr. 1, § 1573 Abs. 2, 5, § 1578 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Montabaur (Urteil vom 28.10.2005; Aktenzeichen 3 F 291/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des AG - FamG - Montabaur vom 28.10.2005 unter Ziff. 3 - den nachehelichen Unterhalt betreffend - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab dem 7.2.2006, monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats, nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

Krankenunterhalt i.H.v. 404 EUR und bis zum 31.12.2010 Aufstockungsunterhalt i.H.v. 197 EUR.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Antragstellers und die Berufung der Antragsgegnerin werden zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bleibt es bei der Entscheidung des FamG.

Auch die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 29.12.1978 geheiratet und sind seit 7.2.2006 rechtskräftig geschieden. Die Antragsgegnerin, die während der Ehe aus familiären Gründen insgesamt knapp 12 Jahre beurlaubt war, ist halbtags als - tätig (Besoldungsgruppe ...), der Antragsteller vollschichtig als - (Besoldungsgruppe ...). Aus der Ehe sind zwei inzwischen volljährige Söhne hervorgegangen, die beide studieren. Die Antragsgegnerin bezieht das Kindergeld. Vor dem Senat haben die Parteien vereinbart, dass der Antragsteller je 500 EUR und die Antragsgegnerin je 216 EUR (einschließlich des Kindergeldes) an beide Söhne als Unterhalt zahlen.

Die Parteien streiten hauptsächlich darüber, ob die Antragsgegnerin, der das Amt für soziale Angelegenheiten wegen einer Migräneerkrankung einen Grad der Behinderung von 50 bescheinigt hat (Bl. 258 GA), in der Lage ist, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben. Das FamG hat den Antragsteller in dem nur insoweit angefochtenen Scheidungsverbundurteil vom 28.10.2006 zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich 655,85 EUR verurteilt, wobei es auf der Grundlage eines hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens davon ausgeht, dass von der Antragsgegnerin krankheitsbedingt eine weitergehende Tätigkeit nicht verlangt werden kann.

Gegen diesen Ausspruch haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Der Antragsteller hält das vom FamG eingeholte Gutachten für nicht verwertbar und verweist darauf, dass die Antragsgegnerin simuliere. Sie habe einen Anspruch auf eine Vollzeitstelle, an deren Ausübung sie nicht krankheitsbedingt gehindert sei. Zumindest müsse sie versuchen, ihre Tätigkeit aufzustocken und ggf. ein förmliches Dienstunfähigkeitsverfahren einleiten. Da die Antragsgegnerin trotz der behaupteten Beschwerden keine Behandlungsmöglichkeiten wahrnehme, habe sie einen eventuellen Anspruch verwirkt: Hilfsweise sei dieser auf allenfalls ein Jahr zu befristen. Hinsichtlich seines Einkommens sei zu berücksichtigen, dass er arbeitstäglich eine Entfernung von 33 km zwischen Wohnort und Dienststelle zurücklege und die Antragsgegnerin sich in der Vergangenheit immer wieder geweigert habe, an der Durchführung des begrenzten Realsplittings mitzuwirken. Er leide an einer Nierenerkrankung und arbeite deshalb überobligatorisch.

Der Antragsteller beantragt, das Urteil des AG - FamG - Montabaur zu Ziff. 3 dergestalt abzuändern, dass der Antrag auf Zah...

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