Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrechtliche Voraussetzungen für den Erlass eines Versäumnisurteils

 

Normenkette

ZPO § 331 Abs. 3, § 719 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 19.01.2005; Aktenzeichen 10 O 491/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Koblenz vom 19.1.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert wird auf 10.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beklagte verlangt, die Zwangsvollstreckung aus dem gegen sie ergangenen Versäumnisurteil des LG Koblenz ohne Sicherheitsleistung einzustellen.

Die Klageschrift ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten übersandt worden, welcher hierüber ein Empfangsbekenntnis mit Datum vom 25.11.2004 an das LG zurückgereicht hat, welches dort am 2.12.2004 eingegangen ist. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 15.12.2004 deren Vertretung angezeigt und unter dem 23.12.2004 gegen das Versäumnisurteil vom 14.12.2004 - zugestellt am 21.12.2004 - fristgerecht Einspruch eingelegt. Auf den Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen, hat das LG durch den angefochtenen Beschluss die Einstellung gegen Sicherheitsleistung angeordnet.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer sofortigen Beschwerde vor, die Vollstreckung sei ohne Sicherheitsleistung einzustellen, da das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen sei. Denn ihr Prozessbevollmächtigter habe sich erst am 15.12.2004 bestellt, so dass die Klageschrift an sie persönlich hätte zugestellt werden müssen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 793, 569 Abs. 1 ZPO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das LG hat es zu Recht abgelehnt, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil ohne Sicherheitsleistung einzustellen. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor (§ 719 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Das Versäumnisurteil vom 14.12.2004 ist in gesetzlicher Weise gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergangen, nachdem die Klageschrift nebst Aufforderung zur Verteidigungsbereitschaft und entsprechender Belehrung am 25.11.2004 wirksam zugestellt worden war und die Beklagte nicht innerhalb der ihr gesetzten zweiwöchigen Frist angezeigt hatte, dass sie sich gegen die Klage verteidigen wolle. Die Zustellung ist gem. § 172 Abs. 1 ZPO an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis (§ 174 ZPO) erfolgt.

Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, es könne nur von einer Zustellung am 15.12.2004 ausgegangen werden, weil ihr Prozessbevollmächtigter sich erst mit Schriftsatz von diesem Tage für sie bestellt habe. Die Zustellung wurde vielmehr am 2.12.2004 wirksam, als das Empfangsbekenntnis des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei Gericht einging.

Es trifft allerdings zu, dass eine wirksame Zustellung nach § 172 ZPO nur an den Prozessbevollmächtigten erfolgen kann, der sich für den Zustellungsadressaten bestellt hat, und dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sich im Zeitpunkt der Entgegennahme der Klageschrift noch nicht bestellt hatte. Seine Bezeichnung als Prozessbevollmächtigter der Beklagten in der Klageschrift ersetzt die ordnungsgemäße Bestellung nicht, da nicht feststeht, dass die Angabe der Klägerin auf mehr als einer Vermutung beruht (BGH LM Nr. 13 zu § 176 ZPO). Die Bestellung erfolgte aber am 2.12.2004.

Zwar hatten weder die Beklagte noch ihr Prozessbevollmächtigter in dem anhängigen Verfahren bis zum 15.12.2004 dem Gericht die Bevollmächtigung ausdrücklich angezeigt. Das war jedoch nicht erforderlich, denn die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten ist nicht formgebunden; es genügt, dass sich die Meldung des Prozessbevollmächtigten aus den Umständen ergibt, dass also irgendeine Handlung der Partei oder des Vertreters dem Gericht die Kenntnis hiervon vermittelt (BGH NJW-RR 1986, 286; v. 22.10.1986 - VIII ZB 40/86, MDR 1987, 315 = NJW 1987, 440; v. 5.2.1992 - XII ZB 6/92, NJW-RR 1992, 699). Dazu genügen die Entgegennahme der Klageschrift und die Übersendung des vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Empfangsbekenntnisses mit der Angabe, dass dieser zur Entgegennahme der Zustellung legitimiert sei (BGH NJW-RR 1986, 286). Darin war auch hier die stillschweigende Erklärung des Prozessbevollmächtigten enthalten, dass er die Beklagte in dem Rechtsstreit vertrete. Ob die Beklagte ihm zu diesem Zeitpunkt bereits Prozessvollmacht erteilt hatte, spielt insofern keine Rolle, da die Bestimmung des § 172 ZPO allein auf die Bestellung abstellt (BGH v. 22.10.1986 - VIII ZB 40/86, MDR 1987, 315 = NJW 1987, 440).

Mit der nachträglichen Bestellung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten wurde die Zustellung der Klageschrift ex nunc wirksam (vgl. zu § 187 BGB a.F.: BGH v. 7.6.1989 - IVb ZR 63/88, NJW 1989, 1154), so dass die gem. § 276 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist vom 2.12.2004 an lief und daher am 16.12.2004, also vor der Zustellung des Versäumnisurteils, endete.

Der Feststellung, dass das Versä...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge