Leitsatz (amtlich)

›1. Voraussetzung für einen Anspruch aus § 1615 lit. l Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB ist, dass die Schwangerschaft ursächlich dafür war, dass die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen ist.

2. Für einen Anspruch aus § 1615 lit. l Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB ist eine solche Kausalität nicht erforderlich.

3. Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach der Lebensstellung der Mutter. War diese zu Beginn der Schwangerschaft arbeitslos, kann dafür ihr früheres Erwerbseinkommen maßgebend sein, wenn aufgrund der gesamten Umstände mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie diese Einkünfte ohne die Schwangerschaft auch im Unterhaltszeitraum erzielt hätte.‹

 

Verfahrensgang

AG Neuwied (Aktenzeichen 16 F 210/99)

 

Gründe

Die gemäß § 127 ZPO zulässige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Klägerin kann mit Aussicht auf Erfolg gegen den Beklagten gemäß § 1615 1 BGB Unterhalt für die Zeit vom 18. Dezember 1997 bis zum 29. Januar 2001 geltend machen. Keine Aussicht auf Erfolg hat die Klage derzeit für den beanspruchten Unterhaltszeitraum 1. Oktober 1997 bis zum 17. Dezember 1997.

Unterhalt für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis zum 17. Dezember 1997 kann der Klägerin nur aus § 1615 1 Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB zustehen. Voraussetzung ist dafür, dass die Klägerin einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen ist, weil sie infolge der Schwangerschaft dazu außerstande war. Die Klägerin muss insoweit nicht nur ihre Bedürftigkeit sondern darüber hinaus darlegen und beweisen, dass diese auf der Schwangerschaft beruht .(vgl. BGH, FamRZ 1998, 541, 543; Münchener Kommentar/Köhler, 3. Aufl., § 1615 1 Rdnr. 6). Wer - wie hier die Klägerin - vor der Geburt erwerbslos war muss daher darlegen und beweisen, dass er sich in angemessener und zumutbarer Weise um eine Arbeitsstelle bemüht hat, dass es aber gerade die Schwangerschaft war, die einer Erwerbstätigkeit im Wege gestanden hat (Münchener Kommentar/Köhler, aaO). Hierzu hat die Klägerin bisher nicht substantiiert vorgetragen, so dass derzeit insoweit eine Erfolgsaussicht nicht angenommen werden kann.

Für die Zeit ab 18. Dezember 1997 (sechs Wochen vor der Geburt) bis zur Geburt des Kindes besteht dagegen ein Unterhaltsanspruch aus § 1615 1 Abs. 1 BGB. Für die Zeit ab der Geburt bis zum 29. Januar 2001 resultiert ein solcher aus § 1615 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB, da von der Klägerin wegen der Betreuung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Darauf, ob ohne die Kindesbetreuung eine Erwerbstätigkeit ausgeübt würde, ob also die Kindesbetreuung die alleinige Ursache für die Nichterwerbstätigkeit ist, kommt es nicht mehr an. Vielmehr besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Mutter schon vorher erwerbslos war (BGH, aaO).

Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach § 1610 Abs. 1 BGB, bestimmt sich also nach der Lebensstellung der Klägerin. Maßgebend ist der auf die Schwangerschaft und die Kindesversorgung zurückzuführende Erwerbsnachteil (vgl. Münchener Kommentar/Köhler, aaO, § 1615 1 Rdnr. 8), also ihr Einkommensausfall (vgl. Büttner, Unterhalt für die nichteheliche Mutter, FamRZ 2000, 781, 783). Vorliegend spricht die Berufsbiographie der Klägerin dafür, dass sie ohne die Geburt des Sohnes erwerbstätig geblieben wäre. Sie war vom 1. November 1988 bis zum 31. März 1997 als examinierte Krankenschwester im E-Krankenhaus D beschäftigt. Gegen die ausgesprochene Kündigung reichte sie mit dem Ziel der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses Klage beim Arbeitsgericht ein. Das Verfahren endete mit einem Abfindungsvergleich. Zum 1. April 1997 trat sie eine Stelle als stellvertretende Pflegedienstleiterin in dem privaten Pflegeheim für Psychiatrie "Haus H" an, das jedoch während der Probezeit zum 15. April 199 gekündigt wurde. Die Dauer des Arbeitsverhältnisses an der vorletzten Arbeitsstelle und der Arbeitsgerichtsprozess sprechen dafür, dass die Klägerin ohne die Schwangerschaft ihre Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen hätte. In ihrem Beruf hätte sie auch kaum Schwierigkeiten gehabt, eine neue Stelle zu finden. Von längeren - schwangerschaftsunabhängigen - Zeiten einer Erwerbslosigkeit ist dem Senat nichts bekannt. Die gegenwärtige Arbeitslosigkeit setzte mit der Schwangerschaft ein.

Unter diesen Umständen ist Grundlage der Lebensstellung der Klägerin das Erwerbseinkommen, das sie bis zu ihrer Arbeitslosigkeit als Krankenschwester erzielt hat und ohne Schwangerschaft und Geburt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Unterhaltszeitraum wieder erzielt hätte, zumal in ihrem Beruf kein Arbeitsmangel herrscht. Aus der vorgelegten Verdienstabrechnung von Februar 1997 ergibt sich ein gesetzliches Netto, von (gerundet) 2942 DM, so dass von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von (2942 DM x 13 : 12) 3187 DM ausgegangen werden kann. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass berufsbedingte Aufwendungen nicht anfallen, ist der geltend gemachte Unterhaltsbetrag von 2800 DM monatlich nicht übersetzt. Da der Beklagte mangelnde Lei...

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