Verfahrensgang

AG Trier (Entscheidung vom 29.09.2003; Aktenzeichen 8011 Js 15843/03)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 29. September 2003 - unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen - aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung desselben Gerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat die Betroffene am 29. September 2003 wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 125 EUR sowie einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt und zum Tatgeschehen festgestellt:

"Die Betroffene war in den späten Abendstunden des 8.3.2003 (ca. 23.00Uhr) Führerin ihres Pkw Audi 80 (...), mit welchem sie, begleitet von ihrem erkrankten,10-jährigen Sohn B......., nach vorangegangener ambulant-ärztlicher Versorgung in einem T...... Krankenhaus (...) auf der Suche nach der in der S....... gelegenen Apotheke mit Nachtdienst u.a. den beampelten Kreuzungsbereich J............./S....... befuhr. Hierbei ordnete sie sich in die rechte der beiden in die S....... führenden Linksabbiegerspuren ein und missachtete in ihrer links abbiegenden Weiterfahrt in den Kreuzungsbereich infolge unaufmerksamer Fahrweise das für ihre Fahrtrichtung angezeigte Rotlicht der Lichtzeichenanlage. Hierdurch kollidierte die Betroffene mit ihrem Fahrzeug mit dem im Geradeausverkehr in Gegenrichtung bei Grünlicht zeigender Lichtzeichenanlage in den Kreuzungsbereich eingefahrenen Pkw Ford Fiesta (...) des Geschädigten S....... An beiden Fahrzeugen entstand unfallbedingt erheblicher Sachschaden. Die Betroffene selbst erlitt ein HWS-Schleudertrauma, welches bis heute (noch) nicht folgenlos ausgeheilt ist."

Die Betroffene hat behauptet, sie habe bei "Rot" angehalten und sei erst wieder losgefahren, nachdem die Ampel für sie "Grün" gezeigt habe. Sie habe zwar das Fahrzeug des Unfallgegners kommen gesehen, sei aber davon ausgegangen, dieses werde wegen des Rotlichts für den Geradeausverkehr anhalten.

Das Amtsgericht hat diese Einlassung aufgrund von Zeugenaussagen und einer Auskunft der Stadt T.... zum Ampelbetrieb am Tatabend als widerlegt angesehen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Betroffene mit der form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Rechtsbeschwerde. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.

II.

1.

Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit es sich gegen die Feststellung eines objektiv begangenen Rotlichtverstoßes handelt.

Es mag sein, dass die Ampelphasen am Abend des 8. März 2003 wegen verkehrsabhängiger Schaltungen und des Vorranges für Busse nicht mehr im Detail rekonstruierbar waren. Darauf kommt es aber nicht an. Es ist unerheblich, ob eine Grünphase etwa 30 Sekunden dauerte oder wegen der Annäherung eines Busses verkürzt wurde. Entscheidend ist allein, dass die Ampelanlage zur Tatzeit ordnungsgemäß funktionierte und es deshalb ausgeschlossen ist, dass sie für Linksabbieger und kreuzenden Geradeausverkehr gleichzeitig "Grün" zeigte. Da der Geschädigte Schmidt nach dem eindeutigen Ergebnis der Beweisaufnahme aber "Grün" hatte, muss die Betroffene bei "Rot" abgebogen sein.

Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können somit von der Aufhebung ausgenommen werden.

2.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite sind jedoch mangelhaft und deshalb keine ausreichender Grundlage für den Rechtsfolgenausspruch, insbesondere für die Verhängung eines Fahrverbots.

Ein auf leichter Fahrlässigkeit beruhendes Augenblicksversagen muss der Tatrichter zwar nur in Erwägung ziehen, "wenn sich hierfür Anhaltspunkte ergeben oder - praktisch wichtiger - wenn der Betroffene dies im Verfahren einwendet" (BGHSt 43, 242 [251]).

Vorliegend gibt es allerdings nur 2 Möglichkeiten: Entweder hat die Betroffene - was der Tatrichter jedoch nicht angenommen hat - gelogen, weil sie bewusst das Rotlicht ignoriert (und Entfernung/Geschwindigkeit des Fahrzeuges des Unfallgegners unterschätzt) hatte, oder ihrer Einlassung liegt derselbe Irrtum zugrunde, der bereits für den Rotlichtverstoß ursächlich war.

Es ist jedenfalls möglich und hätte hier einer genaueren Prüfung unter Berücksichtigung der - nicht ausreichend festgestellten - Gegebenheiten am Tatort bedurft, dass die Betroffene, abgelenkt von der - nicht näher beschriebenen - Erkrankung ihres Sohnes und der Suche nach einer (ihr unbekannten?) Apotheke, losfuhr, als eine für andere Fahrstreifen geltende Ampel auf "Grün" schaltete. Dies könnte - eventuell in

Verbindung mit einem Mitzieheffekt - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ein milder zu sanktionierendes Augenblicksversagen begründen (siehe dazu: OLG Hamm, DAR 00, 418; KG Beschl. v. 02. 01. 2001 - 2 Ss 271/00 in: www.jurisweb.de; BayObLG VRS Bd. 103, 390).

III.

Für den Fall, dass die erneute Hauptverhandlung kein Augenblicksversagen ergeben sollte, weist der Senat im Hinblick auf die Ausführungen des Tatrichters zur Verhängung eines Fahrverbots a...

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