Leitsatz (amtlich)

1. Bei im Verfahren des beleglosen Datenaustausches (DTA-Verfahren) erteilten Überweisungsaufträgen darf die Empfängerbank den Überweisungsbetrag ohne weitere Prüfung dem Konto mit der bezeichneten Kontonummer gutschreiben. Ein Kontonummern-Namensvergleich ist nicht erforderlich.

2. Nimmt die Empfängerbank (überobligationsmäßig) einen Kontonummern-Namensvergleich vor und fragt - trotz gewisser Divergenzen zwischen der Bezeichnung des Kontoinhabers und dem in der Überweisung angegebenen Empfängernamen - nicht beim erstbeauftragten Kreditinstitut zurück und erhebt auch sonst keine Beanstandungen, kann der Auftraggeber hieraus mangels entsprechender Rechtspflicht der Empfängerbank keine Ansprüche gegen diese herleiten.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 04.04.2003; Aktenzeichen 9 O 17/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 4.4.2003 - 9 O 17/02 - im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 247.507,92 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus abgetretenem Recht wegen nach ihrer Auffassung auftragswidrig ausgeführter Überweisungen auf Ersatz in Anspruch.

Ein ungetreuer Mitarbeiter der Klägerin (künftig: Schädiger) veranlasste durch Täuschung der die Zahlungsvorgänge vorbereitenden Mitarbeiterin und der die Zahlungsanweisung genehmigenden Prokuristin verschiedene Überweisungen zur Begleichung von Rechnungen, welche er unter dem Briefkopf "L. & Söhne Ingenieurgesellschaft" selbst hergestellt und - entgegen der betriebsinternen Aufgabenzuweisung - als sachlich richtig mit seinem Namenskürzel abgezeichnet hatte. Als Bankverbindung gab er auf diesen Rechnungen an die Kontonummer und Bankleitzahl seines bei der Beklagten aus seiner früheren gewerblichen Tätigkeit mit der Bezeichnung "V. L., Textilienvertrieb" noch bestehenden Girokontos. Die Klägerin erteilte unter Zusammenfassung verschiedener Rechnungsbeträge im Zeitraum von November 2000 bis Mitte Februar 2001 insgesamt 11 Überweisungsaufträge, beleglos per Datenträgeraustausch, mit der Gesamtsumme von 1.211 241,26 DM über verschiedene Kreditinstitute, bei denen sie Konten unterhielt. Alle Überweisungen liefen im Überweisungsverkehr zwischen den beteiligten Banken zuletzt über die Landesbank B.-W. an die Beklagte, welche die Überweisungsbeträge dem Konto mit der bezeichneten Kontonummer gutschrieb. Für die Abwicklung zwischen den verschiedenen eingeschalteten Kreditinstituten galt die "Vereinbarung über den beleglosen Datenaustausch in der zwischenbetrieblichen Abwicklung des Inlandszahlungsverkehrs (Clearingabkommen)". Diese Vereinbarung sieht die Notwendigkeit eines Abgleichs zwischen der Bezeichnung des Überweisungsempfängers und dem Inhaber des angegebenen Kontos nicht vor. Gleichwohl führte die Beklagte vor Gutschrift der Überweisungen auf dem Konto des Schädigers eine visuelle Kontrolle aus. Die Beklagte erhob keine Beanstandungen und stellte keine Rückfragen bei dem erstbeauftragten Kreditinstitut, da die im Datenträgeraustausch (DTA) übermittelte Empfängerbezeichnung "L. & Söhne Ingenieurgesellschaft Elektrotechnik" mit der Kontoinhaberbezeichnung "V. L., Textilienvertrieb" bezüglich des Hauptnamens L. übereinstimmte.

Die Landesbank B.-W. trat ihre aus den Überweisungsaufträgen ggü. der Beklagten resultierenden Ansprüche mit Vereinbarungen v. 15./26.11.2001, 30.11./4.12.2001, 14./18.12.2001 und 7./12.2.2003 an die Klägerin ab, welche die Beklagte wegen auftragswidriger Ausführung der Überweisungen auf Erstattung von insgesamt 247.507,92 Euro nebst Zinsen in Anspruch nimmt.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). Änderungen und Ergänzungen sind nicht geboten. Die Parteien erheben insoweit auch keine Beanstandungen.

Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 112.317,02 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 22.189,76 Euro ab 28.11.2001, aus 90.050,41 Euro ab dem 25.2.2003 und aus 76,85 Euro ab dem 7.3.2003 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte aus wirksam abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung des zuerkannten Betrages aufgrund der Gutschriften vom 16.1., 30.1. und 13.2.2001 zu (§§ 667, 665, 669, 398 BGB). Die Beklagte habe jeweils den ihr von der Landesbank erteilten Auftrag nicht ordnungsgemäß ausgeführt und sei dies...

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