Leitsatz (amtlich)

1. Eine evidente arglistige Täuschung über die vom Anlagevermittler im sog. Besuchsbericht versprochene Mietpoolausschüttung liegt vor, wenn der Mietpool nach der Mietpoolvereinbarung den angegebenen Betrag unter Einschluss der nicht auf die Mieter umlagefähigen Verwaltungskosten selbst erwirtschaften muss und schon auf Grund einer einfachen Rechenoperation festgestellt werden kann, dass der vorgenommene Abschlag für die Bewirtschaftungskosten des Mietpools von der prognostizierten Rohmiete allein durch die nicht umlagefähigen Verwaltungskosten verbraucht wird, so dass die weiteren mietpoolrelevante Kosten in keinem Fall mehr gedeckt werden können.

2. Bei der Schadensberechnung sind die von dem Anleger erlangten Steuervorteile schadensmindernd in Abzug zu bringen, weil eine Grundlage für eine tatsächliche Vermutung dahin, dass sich frühere Steuervorteile und spätere Steuernachteile (bei Zufluss der Ersatzleistung) auch nur annähernd entsprechen, nicht besteht.

3. Die subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen im Falle einer Aufklärungshaftung aus Wissensvorsprungs wegen arglistiger Täuschung der Verkäuferseite erst vor, wenn der geschädigte Anleger nicht nur die tatsächlichen Umstände gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat, aus denen sich ergab, dass er im Zusammenhang mit dem Anlagegeschäft arglistig getäuscht worden war, sondern auch zusätzlich noch die Umstände, die den Schluss auf einen insoweit bestehenden Wissensvorsprung des in Anspruch genommenen Finanzierungsinstituts zuließen.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 199 Nr. 2, § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 12.01.2007; Aktenzeichen 10 O 389/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des LG Karlsruhe vom 12.1.2007 - 10 O 389/06 im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.748,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.9.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die abgetretenen Rechte des Klägers aus dem Bausparvertrag mit der Nr.. an den Kläger rückabzutreten.

3. Die Verurteilung zu Ziff. 1 und 2 erfolgt jeweils Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch von K. am R. Blatt 5403 und Blatt 5248 des AG K., eingetragenen Wohnungseigentums, verbunden mit dem ¼ Sondereigentum an der Wohnung Nr. 50 und dem Kfz-Stellplatz Nr. 86 in der B. Str. 36, mit sämtlichen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen und Beschränkungen, auf die Beklagte erforderlich sind.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag über 94.000 DM vom 11.11./26.11.1994 mit der B. Bank AG, Filiale D., zu Darlehenskonto Nr. 1244362088, fortgeführt seit dem 1.1.1999 von der Beklagten zu Darlehenskonto Nr. 4201271801 und 4201271802, keine Ansprüche mehr zustehen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den Leistungstitel in Ziff. 1 hinaus sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung der in Ziff. 3 bezeichneten Immobilie stehen.

6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte im Verzug mit der Annahme des Angebots zur Übertragung des vorbezeichneten Eigentums befindet.

7. Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtstreits hat der Kläger 9 % und die Beklagte 91 % zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die jeweiligen Zwangsvollstreckungsschuldner dürfen die Zwangsvollstreckung der Gegenseite gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 85.366,33 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadensersatz von der Beklagten wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung eines ideellen Anteils an einer zu vermietenden Eigentumswohnung.

Der damals 22 Jahre alte Kläger, von Beruf Heizungsbauer mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 47.000 DM, wurde im Oktober 1994 von einem Anlagenvermittler geworben, zwecks Altersvorsorge und Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine von der Veräußerin, der Fa. B. GmbH noch zu errichtende Eigentumswohnung in K. zu erwerben. Der Untervermittler L. war für die von der Vertriebsbeauftragten I. Immobilien H. & B. GmbH (künftig: H&B) eingeschaltete T. Finanz Vermittlung AG tätig. Die H&B vertrieb seit dem Jahre 1990 in großem Umfang von der Beklagten finanzierte Anlageobjekte. Bei einem Gesprächstermin am 14.10.1994 unterzeichnete der Kläger neben einem Besuchsbericht (Anlage B 2a) und einem Immobilien- und Finanzierungsvermittlungsvertrag Anträge auf Abschluss eines Vorausd...

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