Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 27.02.1998; Aktenzeichen 3 O 244/97)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 27. Februar 1998 – Az.: 3 O 244/97 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Beschwer der Klägerin übersteigt DM 60.000 nicht.

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, nimmt den Beklagten auf Zahlung von Gaslieferungen für das Grundstück … in Anspruch.

Auf diesem Grundstück, das in ihrem Eigentum stand, errichtete die Firma … eine größere Wohnanlage. Das Anwesen wurde aufgrund eines mit der Firma … geschlossenen Versorgungsvertrages von der Klägerin mit Gas versorgt. Der Beklagte erwarb in dieser Wohnanlage zwei Einheiten, die er am 01.04.1994 bezog. Zu diesem Zeitpunkt war das Gemeinschaftseigentum noch nicht fertiggestellt und ein erheblicher Teil des Sondereigentums noch nicht veräußert. Die Firma … betrieb aus diesem Grund die gasbefeuerte Zentralheizungsanlage absprachegemäß auf eigene Kosten bis Ende April 1995, als das Gemeinschaftseigentum im wesentlichen fertiggestellt war, weiter. Im Anschluß daran schlossen die Eigentümer und, nach ihrer Bildung, die Eigentümergemeinschaft ihrerseits Versorgungsverträge mit der Klägerin. Das Vertragsverhältnis mit der Firma … wurde zum 28.04.1995 beendet.

Die Firma … hat die Gaslieferungen der Klägerin aus dem Zeitraum November 1994 bis April 1995 in Höhe von 15.690,72 DM nicht bezahlt. Nachdem diese Gesellschaft in Konkurs gefallen ist, nimmt die Klägerin den Beklagten auf Begleichung der Zahlungsrückstände in Anspruch. Sie ist der Ansicht, er hafte neben ihrer Vertragspartnerin als Gesamtschuldner für den gesamten Gasbezug der Wohnanlage, weil mit dem von der Klägerin gelieferten Gas die Zentralheizung betrieben worden sei, mit der er seine Wohnung beheizt habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Ansprüche weiter verfolgt.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den streitigen Zeitraum weder einen vertraglichen noch einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Bezahlung von Gaslieferungen.

1. Zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestand im betreffenden Lieferzeitraum kein ausdrücklich geschlossenes Vertragsverhältnis. Aber auch durch „sozialtypisches” Verhalten des Beklagten ist ein solches Vertragsverhältnis nicht zustande gekommen.

a) Nach § 2 Abs. 2 AVBGasV ist der Kunde zur unverzüglichen Mitteilung an das Gasversorgungsunternehmen verpflichtet, wenn der Versorgungsvertrag dadurch zustande kommt, daß Gas aus dem Verteilungsnetz des Unternehmens unentnommen wird. Damit wird lediglich eine Rechtsfolge normiert. Ob die Entnahme von Gas zu einem Vertragsschluß führt, ist nach den von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen über den Vertragsschluß aufgrund „sozialtypischen” Verhaltens zu entscheiden (vgl. Morell, AVBGasV, § 2 Abs. 2 a m.w.N.). Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß derjenige, der eine Versorgungsleistung in Anspruch nimmt, dadurch typischerweise den Willen zum Abschluß eines entsprechenden Versorgungsvertrages schlüssig zum Ausdruck bringt; auf die Feststellung dieses Willens im Einzelfall soll es dann nicht mehr ankommen.

b) Durch die Beheizung seiner Wohnung hat der Beklagte nach den konkreten Umständen keinen Gasversorgungsvertrag aufgrund „sozialtypischen” Verhaltens abgeschlossen.

aa) Die zentrale Gasheizung des Anwesens wurde von der Firma … betrieben, die über ihre Versorgung mit Gas durch die Klägerin ausdrücklich einen schriftlichen Versorgungsvertrag geschlossen hatte. Ein solcher ausdrücklich geschlossener Vertrag hat grundsätzlich zur Folge, daß von einem daneben bestehenden Vertragsverhältnis infolge „sozialtypischen” Verhaltens nicht ausgegangen werden kann. Letzteres ist in der Regel gegenüber einem ausdrücklichen Vertragsabschluß subsidiär (OLG Hamm, ZIP 1983, 329; Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Komm, zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, Bd. I, § 2 AVBV Rdnr. 24; grundsätzlich auch OLG Karlsruhe, RdE 1984, 25, 28; Morell, AVBGasV, § 2 Abs. 2 a). Denn wer Energie von einem Dritten entgegennimmt, der diese seinerseits aufgrund eines Versorgungsvertrages bezieht, bringt damit auch bei objektiver Betrachtung in der Regel nicht zum Ausdruck, seinerseits ein Vertragsverhältnis mit dem Versorgungsunternehmen zu begründen.

bb) Von diesem Grundsatz – Vorrang eines ausdrücklich geschlossenen Versorgungsvertrages – macht die Rechtsprechung im Einzelfall Ausnahmen, deren Reichweite noch nicht abschließend geklärt ist, und läßt gelegentlich eine danebenstehende vertragliche Haftung aufgrund „sozialtypischen” Verhaltens zu (vgl. z.B. OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1989, 889; Morell a.a.O. § 2 Abs...

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