Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung. Testamentsvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des RBerG ist die unmittelbare Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten zu verstehen, die entweder der Verwirklichung oder der Gestaltung von Rechten Dritter dient (BGH NJW 1956, 591, 592). Solche Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist in der Regel Gegenstand der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers.

2. Auch wenn der Testamentsvollstrecker deshalb weder Vertreter noch Beauftragter des Erblassers oder der Erben, geschweige denn des Nachlasses, der keine Rechtspersönlichkeit besitzt, ist, übt er das ihm zugewiesene Amt doch nur als Treuhänder nach den Weisungen des Erblassers im Interesse der von diesem begünstigten Personen und damit nicht ganz oder auch nur überwiegend im eigenen Interesse aus. Die Testamentsvollstreckung ist daher für den Amtsinhaber eine fremde Rechtsangelegenheit im Sinne des RBerG.

 

Normenkette

RBerG Art. 1 § 3 Nr. 6; UWG § 13; BGB §§ 2203-2205

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 28.08.1992; Aktenzeichen 1 HO 132/91)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Konstanz vom 28.08.1992 – 1 HO 132/91 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 100.000,00 und die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 5.800,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Beide Parteien können die Sicherheitsleistung auch durch die selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbringen.

4. Die Beklagte ist mit DM 100.000,00 beschwert.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung, Pflege, Vertretung und Förderung der beruflichen Belange der beim LG K. zugelassenen Rechtsanwälte gehören. Die Beklagte ist eine Sparkasse mit Sitz im Landgerichtsbezirk K.

In einer von ihr herausgegebenen Broschüre „Kurzbericht '90” hat die Beklagte als „Neues Dienstleistungsangebot” mit folgendem Text für die Übernahme von Testamentsvollstreckungen geworben:

Wir haben unser Dienstleistungsangebot erweitert und führen jetzt auch Testamentsvollstreckungen für unsere Kunden durch. Die fachkompetente Abwicklung von Nachlaßangelegenheiten wird im Geschäftsbereich Ü. von Herrn K. Vorstandsbeauftragter, und im Geschäftsbereich M. von Frau D. Direktionsbeauftragte, wahrgenommen.

Der Kläger hat hierin einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) erblickt. Da es sich bei einem Testamentsvollstrecker nicht um eine „behördlich eingesetzte Person” im Sinne von Art. 1 § 3 Nr. 6 RBerG handele, sei die Beklagte gem. Art. 1 § 1 RBerG nicht befugt, ohne behördliche Erlaubnis geschäftsmäßig Testamentsvollstreckungen durchzuführen, da darin stets die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten liege. Darüber hinaus sei nach Art. 1 § 3 Nr. 6 RBerG aber auch nur die Tätigkeit „als” – nämlich bereits eingesetzter – Testamentsvollstrecker erlaubnisfrei, während die Werbung der Beklagten potentielle Kunden anspreche, bei deren Akquirierung eine Beratung hinsichtlich der allgemeinen Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers erfolge. Dies sei nach dem RBerG unzulässig. Ferner stelle die von der Beklagten zugleich angebotene „Abwicklung von Nachlaßangelegenheiten” grundsätzlich eine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung dar. Im übrigen falle das Dienstleistungsangebot der Beklagten unter das Werbeverbot nach § 1 Abs. 3 der 2. AVO zum RBerG.

Der Kläger hat seinen Antrag, der Beklagten zu untersagen, die Broschüre „Kurzbericht '90” mit dem beanstandeten Dienstleistungsangebot weiter zu verteilen bzw. auszulegen, wegen Zeitablaufs in der Hauptsache für erledigt erklärt und im übrigen beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen

  1. Dritten gegenüber schriftlich oder mündlich ihre Dienste zur Durchführung von Testamentsvollstreckungen und zur Abwicklung von Nachlaßangelegenheiten werbend anzubieten sowie die Abwicklung von Nachlaßangelegenheiten tatsächlich zu übernehmen, sofern hierfür keine besondere Erlaubnis nach § 10 der ersten Ausführungsverordnung zum Rechtsberatungsgesetz vorliegt.
  2. wie folgt zu werben:

    „Wir haben unser Dienstleistungsangebot erweitert und führen jetzt auch Testamentsvollstreckungen für unsere Kunden durch. Die fachkompetente Abwicklung von Nachlaßangelegenheiten wird im Geschäftsbereich Ü. von Herrn K. Vorstandsbeauftragter, und im Geschäftsbereich M. von Frau D. Direktionsbeauftragte, wahrgenommen”.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich ihrer Werbung für die Abwicklung von Nachlaßangelegenheiten hat die Beklagte unter Hinweis...

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