Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit der Zustimmung des Totenfürsorgeberechtigten zu einer Obduktion bedarf es dessen Belehrung über den Umfang und die Tragweite der Obduktion.

 

Normenkette

BGB §§ 1922, 823 Abs. 1, § 847

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 06.12.2000 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Beschwer des Klägers beträgt 11.000,00 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen des Umfangs und der Umstände einer Obduktion seiner unerwartet im Alter von 53 Jahren verstorbenen Ehefrau auf angemessenes Schmerzensgeld in Anspruch.

Der Kläger wollte die Ursache des für ihn unerklärlichen Todes seiner Ehefrau ermitteln lassen und bat den Bestattungsunternehmer um Klärung, ob im Institut des Beklagten eine Obduktion zeitgerecht durchgeführt werden könne. Es kam zu einem Telefonat zwischen dem Mitarbeiter des Instituts, Dr. R., und dem Kläger, bei dem dieser über die Umstände des Todes der Verstorbenen befragt wurde. Auf den Hinweis, seine Ehefrau habe an Luftarmut gelitten und eine Ampulle Theophyllin eingenommen, erklärte Dr. Roos: „Dann wissen wir ja, wonach wir suchen müssen”. Entsprechend dem geäußerten Wunsch erklärte sich der Kläger gegenüber dem Institut des Beklagten schriftlich damit einverstanden, die Todesursache seiner verstorbenen Ehefrau feststellen zu lassen. Die Leiche der Verstorbenen wurde hierauf vom Zweitbeklagten obduziert und anschließend wie vorgesehen beerdigt.

Bei der Leichenschau wurden der Leiche 15 Organe, darunter auch das Gehirn und die Zunge, entnommen. Diese entnommenen Organe wurden dem Leichnam vor der Bestattung nicht wieder beigegeben, sondern nach Abschluss der Untersuchungen zur Ermittlung der Todesursache durch den Zweitbeklagten der Kremation zugeführt.

Der Kläger hat geltend gemacht, die entnommenen Organe hätten dem Leichnam vor der Bestattung wieder beigegeben werden müssen. Die entgegenstehende Verfahrensweise des Zweitbeklagten sei pietätlos gewesen, da seiner Ehefrau dadurch eine würdevolle Bestattung des vollständigen Leichnams versagt worden sei. Eine solche Verfahrensweise entspreche nicht dem Üblichen. Er sei insbesondere aufgrund des vorangegangenen Telefonats davon ausgegangen, dass zur Klärung der Todesursache kein größerer Eingriff erforderlich sei. Wäre er darüber aufgeklärt worden, in welchem Umfang eine Leichenöffnung erfolgen werde, hätte er seine Zustimmung hierzu nicht erteilt. An der Vorstellung dieser Vorgänge habe er seelisch sehr stark gelitten und ungezählte schlaflose Nächte verbracht. Er leide seither an gesundheitlichen Störungen des vegetativen Nervensystems, insbesondere Angstzuständen, Schweißausbrüchen und plötzlichem nächtlichem Erwachen. Er habe sich deshalb wiederholt in ärztliche Behandlung begeben müssen. Auch nach Überwindung des eigentlichen Trauerschmerzes dauerten die Beschwerden an. Er hat gemeint, wegen Verletzung seines Rechts auf Totenfürsorge und seiner körperlichen Beeinträchtigung als deren Folge seien die Beklagten ihm zum Ersatz immateriellen Schadens verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Zweitbeklagte hat geltend gemacht, die vollständige innere Leichenschau sei zur Feststellung der Todesursache erforderlich, üblich und sachgerecht gewesen. Bei pathologischen im Gegensatz zu rechtsmedizinischen Obduktionen sei es nicht üblich, entnommene Organe dem Leichnam wieder beizugeben. Dies sei aus zeitlichen Gründen angesichts zeitnah bevorstehender Bestattungstermine und der Notwendigkeit ergänzender zeitaufwendiger Gewebeuntersuchungen nicht möglich.

Das Landgericht hat vor der mündlichen Verhandlung eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. H. vom pathologischen Institut des Universitäts-Klinikums F. eingeholt und die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zum Sachverhalt, wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er ergänzt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz und beantragt,

auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 06.12.2000 dahingehend abzuändern, dass der Zweitbeklagte zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes verurteilt wird, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Der Zweitbeklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ergänzt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz und nimmt auf das Urteil des Landgerichts Bezug, das er im Ergebnis für richtig hält.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zu...

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