Leitsatz (amtlich)

1. Die Eigentümer eines Grundstücks, dem zu Lasten eines Nachbargrundstücks ein Wegerecht eingeräumt ist, sind jedenfalls dann nicht zum nächtlichen Abschließen eines am Wegezugang eingerichteten Tors verpflichtet, wenn eine vom herrschenden Grundstück aus zu bedienende Toröffnungsanlage nicht vorhanden ist (Anschluss an OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.9.1990 - 6 U 178/89, Abweichung von OLG Frankfurt, Urt. v. 29.11.1985 - 10 U 22/85).

2. Ein Wegerecht kann auch die Befugnis umfassen, den Weg zum Befüllen von Mülltonnen zu verwenden, die am Grundstücksrand zum Weg hin abgestellt sind.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 12.11.2013; Aktenzeichen 2 O 180/12)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.01.2015; Aktenzeichen V ZR 184/14)

 

Tatbestand

Die Parteien sind Nachbarn. Sie streiten insbesondere um (...) die Ausübung eines Wegerechts sowie die Aufstellung von Mülltonnen.

Der Kläger Ziff. 1 und dessen Ehefrau, die Drittwiderbeklagte Ziff. 3, sind Mieter des Grundstücks B-Straße 72 in H. Der Kläger Ziff. 2 ist Eigentümer des Anwesens B-Straße 76a in H., in dem seine geschiedene Ehefrau, die Drittwiderbeklagte Ziff. 4, und seine Kinder, die Drittwiderbeklagten Ziff. 5 und 6, wohnen. Der Kläger Ziff. 2 selbst lebt nicht dort. Die Drittwiderbeklagte Ziff. 4 ist Ärztin und absolviert zum Teil Notfalleinsätze. Der Beklagte Ziff. 2 ist Miteigentümer der Grundstücke B-Straße 76 und 76b in H.. (...)

Das Grundstück B-Straße 76a grenzt nicht unmittelbar an die öffentliche B-Straße an. Es ist insoweit vielmehr über das Grundstück B-Straße 76b des Beklagten Ziff. 2 erschlossen. Zu Lasten dieses Grundstücks ist zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks B-Straße 76a eine Grunddienstbarkeit bestellt, wonach der jeweilige Eigentümer berechtigt ist, den in der Eintragungsbewilligung vom 15.1.2003 näher bezeichneten Teil des dienenden Grundstücks "von der B-Straße aus zum Fahren und Gehen zu seinem Grundstück und von diesem zurück, nicht aber zum Abstellen von Fahrzeugen, mitzubenützen". (...)

Zur B-Straße hin wird das Grundstück B-Straße 76b durch ein Metallgittertor begrenzt, das der Beklagte Ziff. 2 im Februar 2011 dort anbringen ließ. Eine Klingel für das Grundstück B-Straße 76a befindet sich an diesem nicht. An dem Tor befindet sich ein Schloss, das sich lediglich mechanisch bedienen lässt. Der Beklagte Ziff. 2 übergab der Drittwiderbeklagten Ziff. 4 vier Schlüssel zu diesem Tor. Zugleich bat er darum, das Tor nachts ab 22.00 Uhr bis morgens um 7.00 Uhr nach jeder Durchfahrt oder jedem Durchgang zu schließen. Sein Einverständnis mit der Anbringung einer drahtlosen Klingel durch den Kläger Ziff. 2 bzw. die Drittwiderbeklagten Ziff. 4-6 auf deren Kosten hat der Beklagte Ziff. 2 erklärt. (...)

 

Entscheidungsgründe

A. Berufung der Kläger und der Drittwiderbeklagten Ziff. 4-6:

(...)

2. Begründetheit der Berufung der Kläger hinsichtlich des Klagebegehrens:

(...)

b. Schließen des Gittertores nach dem Durchgang/der Durchfahrt und Abschließen des Tores zwischen 22.00 Uhr und 07.00 Uhr (...)

Die Berufung des Klägers Ziff. 2 hat auch insoweit Erfolg, als er sich gegen seine erstinstanzliche Verurteilung wendet, das Gittertor nach jeder Durchfahrt bzw. jedem Durchgang zu schließen und in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 07.00 Uhr abzuschließen.

Die Berufungen der Drittwiderbeklagten Ziff. 4-6 gegen die insoweit erfolgte landgerichtliche Verurteilung hingegen sind nur insoweit begründet, als sie sich gegen die Verurteilung zum Abschließen des Tores zwischen 22.00 Uhr und 07.00 Uhr richten. Zum Schließen des Tores nach jeder Durchfahrt bzw. jedem Durchgang sind die Drittwiderbeklagten Ziff. 4-6 hingegen verpflichtet, so dass ihre Berufungen insoweit in der Sache ohne Erfolg bleiben.

(1) Indem der Beklagte Ziff. 2 die Verurteilung zum künftigen Schließen bzw. Abschließen des Tores begehrt, macht er inhaltlich einen Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB) geltend, gerichtet darauf, künftig Beeinträchtigungen seines Eigentums durch Nicht-Schließen bzw. Nicht-Abschließen des Tores zu unterlassen. Ein solcher Unterlassungsanspruch setzt gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB eine Wiederholungsgefahr im Sinne der Gefahr künftiger Rechtsbeeinträchtigungen voraus. Hieran fehlt es vorliegend im Hinblick auf den Kläger Ziff. 2.

Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der Kläger Ziff. 2 bislang nach Durchfahren bzw. Durchschreiten des Tores dieses nicht geschlossen bzw. in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 07.00 Uhr nicht abgeschlossen hätte. Vor diesem Hintergrund ist mangels Eigentumsstörung durch den Kläger Ziff. 2 bezogen auf ihn nicht von der Vermutung auch künftiger Rechtsbeeinträchtigungen auszugehen. Dass aus sonstigen Gründen insoweit konkret mit der erstmaligen Beeinträchtigung des Eigentums des Beklagten Ziff. 2 durch den Kläger Ziff. 2 zu rechnen sein sollte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, zumal der Kläger Ziff. 2 nicht im streitgegenständlichen Anwesen B-Straße 76a in H., sondern in R. wohnhaft ist und der Beklagte Ziff. 2 se...

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