Leitsatz (amtlich)

1. Der Haftungsumfang wird auch bei der Verletzung der vertraglichen Pflichten eines Steuerberaters durch den Schutzzweck der verletzten Pflicht begrenzt.

2. Ein Steuerberater, der vertraglich lediglich die Beratung über bestimmte steuerliche Auswirkungen einer Kapitalanlageentscheidung schuldet, haftet deshalb grundsätzlich nicht für Vermögensschäden des Anlegers wie etwa allgemeine Kursverluste, die dieser erleidet, weil er auf die Richtigkeit der Auskunft zu den steuerlichen Aspekten der Anlageentscheidung vertraut. Solche Schäden, die aus anderen als steuerlichen Gründen entstehen, sind bei einer auf steuerliche Aspekte beschränkten Beratung regelmäßig nicht vom Schutzzweck der vertraglichen Verpflichtung umfasst.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 04.04.2002; Aktenzeichen 3 O 441/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.01.2007; Aktenzeichen IX ZR 122/04)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Mannheim vom 4.4.2002 - 3 O 441/01 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 25 Abs. 2 GKG auf 121.045,98 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger fordert von der Beklagten Schadensersatz wegen Schlechterfüllung ihr aus einem Steuerberaterverhältnis obliegenden Verpflichtungen.

Die Beklagte berät den Kläger seit mehreren Jahren ständig als Steuerberaterin. Anfang des Jahres 2001 waren in seinem Wertpapierdepot erhebliche Verluste entstanden. Nach Beratung am 1.2.2001 durch den Mitarbeiter der D. Bank, G., beabsichtigte er deshalb auf dessen Vorschlag, die Verluste zu begrenzen, indem er die in seinem Depot vorhandenen Wertpapiere noch während der Spekulationsfrist veräußerte und die Möglichkeit wahrnahm, den hierdurch im Jahr 2001 entstehenden Verlust von zuvor berechneten ca. 370.000 DM mit den Spekulationsgewinnen des Jahres 2000i.H.v. ca. 350.000 DM sowie künftigen Spekulationsgewinnen zu verrechnen. Der Kläger, der den Vorschlag sofort umsetzen wollte, rief die Beklagte in Gegenwart des Zeugen G. an, um sich noch einmal bei ihr über die Realisierbarkeit zu vergewissern. Der Beklagten war bekannt, dass bei einem Verkauf zum Zeitpunkt des Telefonats Verluste realisiert würden. Sie wurde darauf hingewiesen, dass die definitiv beabsichtigte Maßnahme der Wertpapierveräußerung allein noch von der Beantwortung der Frage abhing, ob der eingetretene Verlust mit den geschilderten Gewinnen des Vorjahres verrechnet bzw. ausgeglichen werden konnte. Die Beklagte teilte telefonisch unter Verkennung des § 23 Abs. 3 EStG mit, dass ein Verlustrücktrag auf das Jahr 2000 nicht möglich sei, weshalb die beabsichtigte Vorgehensweise wirtschaftlich nicht sinnvoll sei. Daraufhin nahm der Kläger von der beabsichtigten Veräußerung Abstand. Der Zeuge G. fertigte über das Telefonat einen Vermerk. Nachdem der Kläger am 14.3.2001 anderweitig über die tatsächliche Rechtslage Kenntnis erhielt, informierte er unverzüglich die Beklagte, die am 15.3.2001 bestätigte, dass sie sich geirrt und tatsächlich bereits am 1.2.2001 eine Veräußerung unter Verrechnung der entstehenden Spekulationsverluste mit den Gewinnen des Vorjahres möglich gewesen sei. Noch am 15.3.2001 veräußerte der Kläger seine Depotwerte. Durch den zwischenzeitlich eingetretenen Wertverfall entstand ihm ein Schaden i.H.v. 236.745,36 DM (entspricht 121.045,98 Euro).

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe seit mehreren Jahren nicht nur seine steuerlichen, sondern auch seine wirtschaftlichen Interessen wahr genommen. Dies sei auch bei dem Telefonat am 1.2.2001 der Fall gewesen. Er habe die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Kursverfall in bedeutender Höhe stattgefunden habe und er Sorge trage, dass ein weiterer Verfall drohe. Der Zweck der Beratung sei auch dahin gegangen, ihn wirtschaftlich zu beraten und vor den Folgen eines weiteren Wertverfalls der Aktien und Fondbeteiligungen zu bewahren. Er habe ab dem Jahr 2001 keinerlei Gewinne mehr erzielt, so dass schon deshalb ein Verlustvortrag über Jahre konkret nicht möglich sei. Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe durch Unterlassen der Überprüfung und Richtigstellung fortlaufend ihre Verpflichtungen bis zur Korrektur der falschen Auskunft am 15.3.2001 verletzt. Der Schaden sei adäquat kausal durch die Pflichtverletzung der Beklagten verursacht und vom Schutzzweck der vertraglichen Verpflichtung umfasst.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 121.045,98 Euro nebst 5 % Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 31.3.2001 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behaupte...

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