Leitsatz (amtlich)

Die Verpflichtung des Kreditgebers zur Gesamtbetragsangabe gem. § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 Buchst. b S. 2 VerbrKrG a.F. besteht auch bei sog. unechten Abschnittsfinanzierungen, bei welchen nach Ablauf eines Finanzierungsabschnitts mit Festzins auf Verlangen des Kreditgebers eine Konditionenanpassung für die Restlaufzeit des Darlehens verlangt werden kann, das Darlehen jedoch bei Widerspruch des Kreditnehmers gegen die Anpassung vorzeitig fällig wird.

 

Normenkette

VerbrKrG a.F.(27.4.1993) § 4 Abs. 1 S. 2, S. 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6 Abs. 2 S. 2; BGB § 246 a.F., § 812 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 8 O 269/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.06.2004; Aktenzeichen XI ZR 150/03)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 17.10.2002 – 8 O 269/02 – wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung zu Unrecht bezahlter Kreditzinsen aus einem endfälligen Festkredit, mit dem er den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilien-Fonds (W.-Immobilienfonds Nr. 35) finanziert hat. Er hat erstinstanzlich mit Erfolg geltend gemacht, der Darlehensvertrag enthalte nicht die gem. § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1b VerbrKrG a.F. notwendige Angabe des Gesamtbetrages, der zur Zahlung von Tilgung, Zinsen und sonstigen Kosten erforderlich sei, so dass er die über die Entrichtung gesetzlicher Zinsen hinausgehenden Zinszahlungen gem. §§ 812 Abs. 1 S. 1, 246 BGB, 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG a.F. zurückverlangen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Parteivorbringens und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen die antragsgemäße Verurteilung wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie beanstandet, das LG habe ohne Beachtung der Unterschiede zur Fallkonstellation im Streitfall dieselben Gegebenheiten zugrunde gelegt, die Gegenstand der Entscheidung des BGH (BGH v. 18.12.2001 – XI ZR 156/01, BGHReport 2002, 289 = MDR 2002, 469 = NJW 2002, 957) gewesen seien. Hierzu macht die Beklagte nähere Ausführungen, insb. unter Hinweis auf Peters, WM 1994, 1405, auf die unter II. eingegangen wird.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Karlsruhe vom 17.10.2002 – 8 O 269/02 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Darlegung seines bisher vertretenen Rechtsstandpunkts.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des LG in vollem Umfang und nimmt auf die Urteilsbegründung zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Die Berufungsangriffe bleiben ohne Erfolg. Das LG hat zu Recht die im Urteil des BGH vom 18.12.2001 (BGH v. 18.12.2001 – XI ZR 156/01, BGHReport 2002, 289 = MDR 2002, 469 = NJW 2002, 957) dargelegten Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen. Dies gilt insb. im Hinblick darauf, dass im wirtschaftlichen Ergebnis und nach dem Schutzzweck des VerbrKrG ein Ratenkreditvertrag i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1b) VerbrKrG a.F. trotz Aufspaltung in ein endfälliges Darlehen und einen zu Tilgungszwecken in Betracht kommenden und auch vorgesehenen Lebensversicherungsvertrag gegeben ist. Hierzu enthält die Berufungsbegründung keine neuen Gesichtspunkte.

2. Zu erörtern bleibt hier allein, ob die Angabepflicht nach § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1b) S. 2 VerbrKrG a.F. auf eine sog. „unechte Abschnittsfinanzierung” (10 Jahre Zinsfestschreibung, Restlaufzeit von 10 Jahren zu angepassten Zinskonditionen mit Einverständnis des Darlehensnehmers, bei Widerspruch vorzeitige Fälligkeit der Darlehensrückzahlung) anzuwenden ist und deshalb die Gesamtteilzahlung unter Hochrechnung der Anfangskonditionen (fiktiv) zu erfolgen hat.

Der Senat bejaht dies mit der in der Lit. h.M. (Ulmer in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 4 VerbrKrG Rz. 35a; Staudinger/Kessal/Wulf, BGB 13. Bearb., § 4 VerbrKrG Rz. 43; Erman/Rebmann, BGB, 10. Aufl., § 4 VerbrKrG Rz. 11; Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 4 VerbrKrG Rz. 8; a.A. Peters, WM 1994, 1405 [1408]; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 4 VerbrKrG Rz. 28).

Die Beklagte meint, von veränderlichen Bedingungen im Sinne der Vorschrift könne hier nicht gesprochen werden. Eine Zinsänderung solle nach Ablauf der Zinsfestschreibungsperiode nur einvernehmlich erfolgen, setze also neue Verhandlungen voraus (ebenso Peters, WM 1994, 1408).

Dem Gesetzeswortlaut lässt sich aber keineswegs entnehm...

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