Leitsatz (amtlich)

Das bei bestimmten Baumarten bestehende Risiko eines natürlichen Bruchs gesunder Äste begründet jedenfalls im Bereich von Parkplätzen keine Amtspflicht zur Beseitigung des gesamten Baumes oder wesentlicher Teile seiner Krone.

 

Normenkette

BGB § 839; StrG B-W §§ 2, 59

 

Verfahrensgang

LG M (Urteil vom 12.05.2010; Aktenzeichen 6 O 101/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG M vom 12.5.2010 - 6 O 101/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Das Fahrzeug des Klägers wurde 2009 auf einem städtischen Parkplatz durch einen herabfallenden Ast beschädigt. Er verlangt nunmehr von der beklagten Stadt Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung macht der Kläger insbesondere geltend, dass der schadensbringende Baum ein Götterbaum sei. Diese Baumart weise auch in gesundem Zustand eine Neigung zu einem Astabfall auf. Dagegen hätte die beklagte Stadt vorgehen müssen.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Kläger verlangt Schadensersatz von der Beklagten aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.

Das Fahrzeug des Klägers Audi A6 mit dem amtlichen Kennzeichen wurde am 2009 auf dem Parkplatz am C-Schwimmbad in M durch einen herabfallenden Ast beschädigt. Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks, auf dem das Fahrzeug des Klägers geparkt war und auf dem sich der streitgegenständliche Baum befindet.

Der Kläger macht folgenden Schaden geltend: Reparaturkosten i.H.v. EUR 1.239,80, Sachverständigenkosten i.H.v. EUR 386,75 sowie eine Pauschale von EUR 30 für die ihm entstandenen allgemeinen Kosten. Darüber hinaus verlangt er Ersatz der vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten i.H.v. EUR 229,55. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten hat mit Schreiben vom 18.6.2009 jegliche Zahlung abgelehnt.

Der Kläger hat behauptet, der abgebrochene Ast sei unbelaubt und morsch gewesen. Der Baum, von dem der Ast abgebrochen ist, sei vermorscht oder krank, was von außen erkennbar gewesen sei. Der Baum sei mind. 50 Jahre alt und alleine deswegen überwachungspflichtig. Bei einer Überwachung wäre das Gefahrenpotential entdeckt worden. Dass der Baum nach dem Astbruch beschnitten wurde, spräche auch dafür, dass der Baum nicht gesund sei.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 1.656,55 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Jahreszinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 229,55 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Jahreszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Baum sei in belaubtem Zustand am 29.7.2008 einer sorgfältigen äußeren Besichtigung und damit einer gesundheitlichen Zustandsprüfung unterzogen worden, wobei der Baum keinerlei Defektsymptome aufgewiesen habe. Der abgebrochene Ast sei nicht etwa abgestorben, sondern voll belaubt und damit vital gewesen; auf die Frage der regelmäßigen Kontrollen durch die Beklagte käme es daher gar nicht an, da ein Anspruch des Klägers bereits an der fehlenden Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung scheitere.

Das LG hat durch Urteil vom 12.5.2010, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Dabei stellt er darauf ab, dass die streitgegenständliche Baumart auch in gesundem Zustand eine Neigung zu einem Astabfall aufweise, so dass die Beklagte schon allein deshalb hätte einschreiten müssen und folglich ihre Verkehrssicherungspflicht ggü. dem Kläger verletzt hat.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst sämtlicher Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG zu.

a) Das LG hat zu Recht darauf abgestellt, dass bezüglich der Verkehrssicherungspflicht für den streitgegenständlichen Parkplatz, der nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers der Beklagten gehört, eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Beklagten vorliegt. Denn gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1b) des Straßengesetzes für Baden-Württemberg (StrG) gehören zu den öffentlichen Straßen auch Parkplätze, wenn sie wie hier gem. § 2 Abs. 1 StrG dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Dabei bestimmt § 59 StrG, dass die mit der Überwachung der Verkehrssicherheit der öffentlichen Straßen zusammenhängenden Pflichten Amtspflichten in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit darstellen.

b) Eine für den geltend gemachten Schaden kausale Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte liegt nicht vor.

aa) Nach der Rechtsprechung des BGH muss die straßenverkehrssicherungspflichtige Gemeinde Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr gefährden, insbesondere, wenn sie nicht mehr stands...

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