Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung einer Anlageberaterin aus Auftragsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Übergibt der Anleger seiner Beraterin einen Bargeldbetrag, damit diese das Geld als "Festgeld" anlegt, übernimmt die Beraterin eine Geschäftsbesorgung. Inhalt der Geschäftsbesorgung ist das Zustandebringen eines Festgeldvertrages mit einer Bank für den Anleger und die Einzahlung des Bargeldes bei dieser Bank.

2. Die Beraterin ist gemäß § 667 1. Halbsatz BGB verpflichtet, das vom Anleger erhaltene Bargeld an diesen zurückzuzahlen. Gegen diesen Anspruch kann die Beraterin nur einwenden, dass sie das Geld auftragsgemäß verwendet hat, wobei die Darlegungs- und Beweislast für die bestimmungsgemäße Verwendung (Abschluss eines Festgeldvertrages und Einzahlung des Geldes bei der Bank) der Beraterin obliegt.

3. Die Fälligkeit des Herausgabeanspruchs gemäß § 667 1. Halbsatz BGB - und daran anknüpfend der Beginn der Verjährung - tritt ein, wenn der Zweck des Auftrags endgültig verfehlt wird. Geht der Auftragnehmer zunächst fälschlich davon aus, die Beraterin habe das Geld bestimmungsgemäß verwendet, tritt die Fälligkeit erst dann ein, wenn die Beraterin mitteilt, dass das Geld verloren ist, und sie auch nicht in der Lage ist, den Auftrag mit eigenen finanziellen Mitteln zu erfüllen.

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 1, 3, § 271 Abs. 1, § 275 Abs. 1, §§ 667, 675 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 18.06.2014; Aktenzeichen 5 O 217/13)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Konstanz vom 18.06.2014 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 53.685,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 03.05.2012 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Feststellungsantrag des Klägers (Klageerweiterung im Berufungsverfahren) wird abgewiesen.

III. Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte suchte den Kläger und dessen - inzwischen verstorbene - Ehefrau in den Jahren 1995 bis 1997 mehrfach in dessen Wohnung auf, um die Eheleute über Geldanlagen zu beraten. Sie wies dabei insbesondere darauf hin, es sei vorteilhaft, vorhandene Gelder als "Festgeld" anzulegen.

Bei den Gesprächen übergaben der Kläger und seine Ehefrau der Beklagten am 25.09.1995 65.000,00 DM in bar und am 14.01.1997 40.000,00 DM in bar. Die Beklagte bestätigte den Erhalt der Geldbeträge handschriftlich durch insgesamt drei Quittungen, für welche sie gebräuchliche Quittungs-Formulare verwendete. Die erste Quittung lautet wie folgt:

DM 25.000,00

von Fam. R. u. M. D. (der Kläger und seine Ehefrau) für Festgeld (1 Jahr zu 7,5 % Zins jährl.) Ort... 25.09.1995

i. bar M. M. (die Beklagte) Die beiden anderen Quittungen waren ähnlich formuliert. Die zweite Quittung über 40.000,00 DM vom 25.09.1995 enthielt als Verwendungszweck die Formulierung "für Festgeld (3 Jahre fest zu 8,5 % Zins jährl.)". In der dritten Quittung vom 14.01.1997 über 40.000,00 DM lautete der Verwendungszweck: "Festgeldanlage - 1 Jahr fest - 6,5 % Zins".

Nach der Übergabe der Gelder an die Beklagte erhielten der Kläger und seine Ehefrau jeweils ein Schreiben einer "F. mbH K & K" mit Sitz in Würzburg (im Folgenden abgekürzt: K & K GmbH) vom 25.09.1995 und vom 17.01.1997. In diesen Schreiben wurde der "Eingang des Betrages" bzw. das "angelegte Festgeld" bestätigt. Die beiden Schreiben wurden erstellt "im Auftrag von Frau M. M." (der Beklagten). Die Schreiben enthielten keinen Hinweis auf eine Bank, bei der Festgelder angelegt worden seien. In der Folgezeit erhielten der Kläger und seine Ehefrau jedes Jahr von der K & K GmbH eine "Zinsbestätigung" (vgl. die Anlage K 11), in welcher bestimmte angeblich erwirtschaftete Zinsen ausgewiesen waren. Eine Zinszahlung erhielten der Kläger und seine Ehefrau jedoch nie, weder von der Beklagten oder der K & K GmbH, noch von einer Bank.

Mit Schreiben vom 15.04.2012 an die Beklagte erklärte der Kläger, er kündige "die Festgeldanlage aus dem Ihnen übergebenen Bargeld aus den Jahren 1995 und 1997 mit sofortiger Wirkung". Gleichzeitig forderte er die Beklagte auf, die übergebenen Bargelder nebst den in der Zwischenzeit aufgelaufenen Zinsen an ihn zu zahlen. Die Beklagte leistete keine Zahlung. Sie erwiderte, dass ihr "hierzu auch die Mittel fehlen" (vgl. das Schreiben Anlage K4).

Der Kläger hat im Verfahren vor dem LG von der Beklagten Rückzahlung der in den Jahren 1995 und...

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