Leitsatz (amtlich)
Zur Bedeutung der Klausel "Vorsorglich wird klargestellt, dass - unabhängig von dem Zeitpunkt der Übergabe - für die Erhöhung des Erbbauzinses und die dafür zugrunde zu legenden Basiswerte der maßgebliche Zeitpunkt die Begründung des Erbbaurechts ist." für eine angestrebte Änderung des Erbbauzinses.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 29.07.2008; Aktenzeichen 1 O 83/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des LG Mannheim vom 29.7.2008 - 1 O 83/08 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Klage und Widerklage werden abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht als Grundstückseigentümerin ggü. der Beklagten als Erbbauberechtigter die Erhöhung des Erbbauzinses geltend. Sie begehrt die Zustimmung zur Erhöhung des Erbbauzinses ab dem 11.11.2007 und die Zahlung des Erhöhungsbetrages für das Jahr 2007/2008. Die Beklagte macht widerklagend Schadensersatz auf Erstattung von ihr aufgewendeter Grunderwerbssteuer wegen einer behaupteten Vertragsverletzung geltend.
Die Beklagte hat am 25.3.2003 das Erbbaurecht an dem Grundstück F-Straße 3 in M erworben, dessen Eigentümerin die Klägerin ist (vgl. AB I, Anlage K 2). Sie ist hierbei in den zwischen der Klägerin und der Verkäuferin am 8.12.1994 geschlossenen Erbbaurechtsvertrag (AB I, Anlage K 1) mit allen Rechten und Pflichten eingetreten. Hiernach dient das Erbbaurecht zur Nutzung eines Wohnhauses.
Der Erbbauzins, der sich bis zum Abschluss des Kaufvertrages auf 7.970 DM (4.075 EUR) jährlich belief, wurde anlässlich des Kauf des Erbbaurechts durch die Beklagte ab 11.11.2003 auf 4.661,80 EUR erhöht. In einer Ergänzungsvereinbarung zum Kaufvertrag (ebenfalls AB I, Anlage K 2) wurde auf Wunsch der Klägerin folgende Bestimmung dem Kaufvertrag hinzugefügt: "Vorsorglich wird klargestellt, dass - unabhängig von dem Zeitpunkt der Übergabe - für die Erhöhung des Erbbauzinses und die dafür zugrunde zu legenden Basiswerte der maßgebliche Zeitpunkt die Begründung des Erbbaurechts ist."
Der Erbbaurechtsvertrag vom 8.12.1994 enthält in § 3 Nr. 4 folgende Klausel bezüglich der Erhöhung des Erbbauzinses: "Ändern sich die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, die Geldwährung oder der Grundstückswert in dem Maße, dass der vereinbarte Erbbauzins nicht mehr angemessen sein sollte, so kann jede Partei verlangen, dass der Erbbauzins neu festgesetzt wird; bei einer Wohnbebauung bleiben die Grundstückswerte außer Betracht." § 5 Abs. 2 des Erbbaurechtsvertrages enthält die Verpflichtung des Erbbauberechtigten, bei einer Erhöhung des Erbbauzinses das Erbbaurecht in Höhe des Erbbauzinsmehrbetrages zu belasten.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.6.2007 (AB I, Anlage K 3) von der Beklagten eine Erhöhung des Erbbauzinses ab 11.11.2007 um jährlich 403,43 EUR- insgesamt auf einen Erbbauzins i.H.v. 5.065,23 EUR verlangt, sowie die Bewilligung der Eintragung einer Reallast auf dem Erbbaurecht in Höhe des Erhöhungsbetrages.
Die Beklagte wollte das mit ihrem Erbbaurecht belastete Grundstück gestützt auf § 12 des Erbbaurechtsvertrages erwerben. § 12 des Erbbaurechtsvertrages enthält folgende Regelung: "Der Grundstückseigentümer kann das Erbbaugrundstück während der Dauer des Erbbaurechts dem jeweiligen Erbbauberechtigten zu Eigentum übertragen, wenn sie ihm ein anderes geeignetes Grundstück zum Tausch anbieten, das für den Grundstückseigentümer nach dessen pflichtgemäßem Ermessen den gleichen Wert besitzt wie das Erbbaugrundstück, ohne die auf dem Erbbaurecht erstellten Bauten."
Wegen des Erwerbswunschs der Beklagten fand zwischen den Parteien eine Korrespondenz statt. Insoweit wird auf die Schreiben der Klägerin vom 29.9.2005 und vom 6.3.2006 Bezug genommen. Die Beklagte schloss am 31.3.2006 einen Kaufvertrag über das Grundstück H Straße 7, M. Sie vereinbarte in § 8 des Kaufvertrages, dass die Klägerin in diesen statt der Beklagten eintreten könne. Mit Schreiben vom 6.4.2006 bot die Beklagte der Klägerin das erworbene Grundstück zum Tausch gegen das mit ihrem Erbbaurecht belastete Grundstück an. Die Klägerin lehnte einen Tausch ab. Die Beklagte hat wegen des Erwerbs des der Klägerin zum Tausch angebotenen Grundstücks Grunderwerbssteuer i.H.v. 6.125 EUR zahlen müssen. Die Erstattung dieses Betrages macht sie mit der Widerklage geltend.
Die Klägerin hat behauptet, die begehrte Erhöhung des Erbbauzinses berücksichtige die seit 1994 eingetretene wirtschaftliche Entwicklung und Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Seit der Bestellung des Erbbaurechtes im Jahr 1994 und dem 31.12.2006 seien die Indices der Bruttoverdienste der Arbeiter und Angestellten in Industrie und Handel sowie die Lebenshaltungskosten nach dem Verbraucherpreisindex Deutschland im Mittel um 24,3 % gestiegen. Die Klägerin meint, es ergebe sich damit, ausgehend von dem im...
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