Leitsatz (amtlich)

Ein gem. den Regelungen eines Stimmbindungsvertrags wirksam mit einfacher Mehrheit gefasster Beschluss verpflichtet die Parteien des Vertrags auch dann, entsprechend dieser Beschlussfassung in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft abzustimmen, wenn für die entsprechende Beschlussfassung der Aktionäre eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist.

 

Normenkette

BGB §§ 709-710; AktG § 136

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 14.08.2003; Aktenzeichen 11 O 13/03 KfH)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.11.2008; Aktenzeichen II ZR 116/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des LG Heidelberg vom 14.8.2003 - 11 O 13/03 KfH - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Tenors wie folgt lautet:

Es wird festgestellt, dass § 5 Nr. 2 des Schutzgemeinschaftsvertrages für die K. Familienbeteiligungen in E. vom Notariat H., Urkunden-Nr. ..., demzufolge die Mitglieder der Schutzgemeinschaft verpflichtet sind, ihr Stimmrecht als Aktionäre der D. AG, eingetragen im Handelsregister des AG H. unter HRB, mit Sitz in E. entsprechend den dafür in der Schutzgemeinschaft gefassten Beschlüssen auszuüben oder ausüben zu lassen, wirksam ist, auch wenn die Beschlüsse der K. Familienbeteiligungen GbR mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst wurden und für die entsprechende Beschlussfassung der Aktionäre der D. AG eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsrechtszugs.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Aktionäre der D. AG (D. AG), die im Wege der Umwandlung aus der C. & Co. GmbH hervorgegangen ist. Ca. 90 % des Grundkapitals der D. AG sind im Besitz von drei Stämmen der Gründerfamilien K. und S. Die Parteien und die übrigen Familienaktionäre sind Mitglieder der Schutzgemeinschaft "K. Familienbeteiligungen", deren Grundlage der Schutzgemeinschaftsvertrag vom 18.4.1972 ist. Durch den Vertrag soll u.a. sichergestellt werden, dass die Rechtsausübung aus den Beteiligungen der Mitglieder der Schutzgemeinschaft an den Vertragsunternehmen einheitlich erfolgt. Zu diesem Zweck enthält der Vertrag eine Klausel über die Stimmrechtsbindung der Mitglieder (§ 5 des Vertrages). Am 5.5.2000 und am 25.4.2001 stimmten die Beklagten in der Hauptversammlung der D. AG zu einigen Tagesordnungspunkten gegen die Anträge, obwohl in der Schutzgemeinschaft vorher bei der entsprechend dem Vertrag abgehaltenen Versammlung mit einfacher Mehrheit beschlossen worden war zuzustimmen. Nach § 4 Abs. 3 des Schutzgemeinschaftsvertrages werden die Beschlüsse der Mitglieder der Schutzgemeinschaft über die Stimmabgabe in der Aktiengesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, auch wenn für die entsprechende Beschlussfassung bei der D. AG eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist. In § 8 Abs. 1 lit. a ist für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zur Stimmrechtsausübung gem. § 5 Abs. 2, 3, 5 und 6 des Vertrages eine Vertragsstrafe i.H.v. 25 % des Nennbetrages der Geschäftsanteile des Schutzgemeinschaftsmitglieds an dem betreffenden Vertragsunternehmen (inzwischen ist die D. AG das einzige Vertragsunternehmen) angeordnet. Gemäß § 8 Abs. 2 des Vertrages sind die Vertragsstrafen sofort fällig, von der Geschäftsführung unverzüglich einzuziehen und unter die vertragstreuen Mitglieder der Schutzgemeinschaft zu verteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schutzgemeinschaftsvertrag (AM I, Anl. K 2) Bezug genommen.

Die Klägerin hat als Geschäftsführerin der Schutzgemeinschaft beantragt, den Beklagten zu 1) zu einer Vertragsstrafe von 1.024.191,11 EUR nebst Zinsen, die Beklagte zu 2) zu einer solchen von 2.758,104,34 EUR nebst Zinsen und die Beklagten zu 3) und 4) jeweils zu 2.757.554,89 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.

Daneben hat sie beantragt festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr Stimmrecht als Aktionäre der D. AG, eingetragen im Handelsregister des AG H. unter HRB, mit Sitz in E. auch dann im Einklang mit den Beschlüssen der Schutzgemeinschaft für die K. Familienbeteiligungen GbR auszuüben oder ausüben zu lassen, wenn die Beschlüsse der K. Familienbeteiligungen GbR mit einfacher Mehrheit gefasst wurden und für die entsprechende Beschlussfassung der Aktionäre der D. AG eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen, weil die in § 4 Abs. 3 des Schutzgemeinschaftsvertrage enthaltene Mehrheitsklausel unwirksam sei, soweit sie sich - wie hier - auf Beschlussgegenstände beziehe, die innerhalb der D. AG einer qualifizierten Mehrheit von ¾ des vertretenen Kapitals bedürfe.

Das LG, auf dessen Urteil wegen des Weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug ...

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