Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Vereinigung von bislang selbständigen Grundstücken erstrecken sich dingliche Belastungen, die auf einem der vereinigten Grundstücke liegen, auch nach der Vereinigung oder Zuschreibung nur auf diesen Teil und nicht auf die anderen Teile des neuen Grundstücks. Das gilt selbst dann, wenn zur Vereinigung nach § 890 BGB auch eine katastermäßige Verschmelzung hinzugekommen ist, so lange die Einzelbelastung des Grundstücksteils weiterhin aus dem Grundbuch ersichtlich ist und sich daraus auch die Rangfolge der Belastungen entnehmen lässt.

2. Der Grundstückseigentümer kann die Beseitigung und Unterlassung der Behinderung der Zu- und Abfahrt vom bzw. zu einer öffentlichen Straße in entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB verlangen. Nach dieser Vorschrift können auch Beeinträchtigungen des Gemeingebrauchs abgewehrt werden.

3. Zu den Anforderungen an die Widmung einer Straße.

 

Verfahrensgang

LG Mosbach (Urteil vom 11.03.2008; Aktenzeichen 2 O 290/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Mosbach vom 11.3.2008 (Az. 2 O 290/07) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Errichtung einer baulichen Anlage, die nach seiner Darstellung die Zufahrt zu seinem Grundstück erschwert.

Die Parteien sind Nachbarn. Der Kläger betreibt in M. auf dem Grundstück Flst. Nr. 2941 einen Schrotthandel. Die Beklagte Ziff. 1 betreibt auf dem angrenzenden Grundstück Flst. Nr. 2936 ein Kfz-Handelsunternehmen mit Werkstatt. Eigentümerin dieses Grundstücks ist die Beklagte Ziff. 2, eine aus den Herren R. E. und K. K. Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Im Jahr 2007 wurde im Bereich der südöstlichen Ecke des Betriebsgrundstücks der Beklagten eine sog. Highlight-Fläche errichtet. Es handelt sich um eine erhöhte runde Fläche, auf welcher die Beklagte zu 1 Autos ausstellt. Durch diese Highlight-Fläche sieht sich der Kläger in der Möglichkeit behindert, sein Betriebsgrundstück mit schweren Fahrzeugen (Lkw-Züge, Krane etc.) anzufahren. Er macht geltend, durch die Anlage in seinem Recht auf Gemeingebrauch verletzt zu werden.

Zugunsten des Grundstücks Flst. Nr. 2941 ist ein Überfahrtsrecht im Grundbuch eingetragen. Dieses Recht hat folgenden Hintergrund: Unter dem 29.12.1970 schlossen die Eltern des Klägers sowie M. K. und dessen Ehefrau einen notariellen Tauschvertrag. Durch diesen Tauschvertrag erhielten die Eheleute K. das (zuvor vom Grundstück Flst. Nr. 2941 abgeteilte) Grundstück Flst. Nr. 2941/104; dieses wurde ihrem Grundstück Flst. Nr. 2936 zugeschrieben. Im notariellen Tauschvertrag wurde zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Flst. Nr. 2941 (Grundstück des Klägers) ein Weg- und Überfahrtsrecht über das Grundstück Flst. Nr. 2936 in einer Breite von 5 Metern entlang der Grenze zu Flst. Nr. 2941/1 bzw. 2942/3 (R.-Straße) eingeräumt und seine Eintragung ins Grundbuch bewilligt; das Überfahrtsrecht wurde ins Grundbuch eingetragen. Durch dieses Überfahrtsrecht war die Zufahrt zu dem dahinter liegenden Grundstück der Eheleute D. (Eltern des Klägers) mit der Flst. Nr. 2941 gesichert. Vor dem Grundstück mit der Flst. Nr. 2941/104 lag das Grundstück mit der Flst. Nr. 2939. Dieses Grundstück befand sich im Eigentum der Stadt M.; auf ihm verlief die I.-Straße.

In der Folgezeit wurde die südliche Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 2936 geändert (vgl. VN 1978/16; AS I 152 ff.); ferner wurde ein Teil der Fläche des Flst. Nr. 2939 abgetrennt und das so entstehende Grundstück (Flst. Nr. 2939/107) von der Stadt M. an die Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 2936 veräußert; das Grundstück Flst. Nr. 2939/107 wurde mit dem Grundstück Flst. Nr. 2936 vereinigt oder diesem zugeschrieben (vgl. VN 1981/18; AS I 156 ff.). Die "Highlight-Fläche" wurde auf der Fläche dieses ehemaligen Grundstücks Flst. Nr. 2939/107 errichtet.

Einen Bebauungsplan gibt es für das betreffende Gebiet nicht.

Der Kläger hat vorgetragen, das ehemalige Grundstück Flst. Nr. 2939 sei in seiner gesamten Fläche als Straße gewidmet gewesen. Eine entsprechende Entwidmung sei zu keinem Zeitpunkt vorgenommen worden. Deshalb hätten die Beklagten es mit dieser öffentlich-rechtlichen Belastung erworben; sie seien damit verpflichtet, die Überfahrt des Klägers über das ehemalige Grundstück Flst. Nr. 2939 zu dulden. Die "Highlight-Fläche" behindere die Zufahrt zum Grundstück des Klägers mit Lastzügen, Sattelschleppern und Laderaupen. Diese Zugangsbehinderung stelle überdies einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers dar.

Der Kläger hat in erster Instanz unter Bezugnahme auf von ihm vorgelegte Pläne beantragt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt:

1. Auf dem Grundstück 2936 - auf den ehemaligen Teilflächen 2941/104 und 2939 (2939/107) - beginnend von dem Grenzpunkt Nr. 2 (ehemals 2941/104) in südöstlicher Richtung bis zum Schnittpunkt mit der Grundstück...

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