Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Tenor

Eine formularmäßige Klausel in einem vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes geschlossenen, aber noch nicht abgewickelten Wohnraummietvertrag, welche den Mieter ohne Nachfristsetzung zur Zahlung der Renovierungskosten an den Vermieter verpflichtet, sofern bei Kündigung des Mietvertrages die Schönheitsreparaturen nach dem vereinbarten Fristenplan rückständig sind, ist gemäß § 9 AGBG unwirksam.

 

Tatbestand

I.

1. Der Kläger vermietete der Mutter der Beklagten eine 2 1/2-Zimmer-Wohnung… mit Wirkung vom 1. November 1973. In § 3 Ziffer 4 des Formularvertrags verpflichtete sich die Mieterin, die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung regelmäßig vornehmen zu lassen. Diese Arbeiten sollten in Küche, Bad bzw. Duschraum und Toilette spätestens alle drei Jahre, in den übrigen Mieträumen spätestens alle fünf Jahre ausgeführt werden. Sodann enthält der Vertrag folgende Bestimmung:

Sind bei Kündigung des Mietvertrages bis dahin notwendig gewordene Schönheitsreparaturen rückständig, so ist der Mieter noch vor dem Beendigungstermin zur Zahlung der Renovierungskosten an den Vermieter verpflichtet. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadens bleibt dem Vermieter vorbehalten.

In § 25 Ziffer 5 des Vertrages wurde zudem maschinenschriftlich folgende Ergänzung vorgenommen:

Bei einem Auszug zwischen den Fristen sind die anteiligen auf die jeweiligen Termine entfallenden Kosten an den Vermieter zu zahlen. Im Streitfall werden die von der Handwerkskammer Karlsruhe ermittelten Kosten anerkannt.

Die Mutter der Beklagten ist am 18.08.1980 gestorben und von der Beklagten und ihrer Schwester gemeinsam beerbt worden. Das Mietverhältnis endete zum 30.09.1980. Bis zu diesem Zeitpunkt waren noch keine Schönheitsreparaturen erfolgt.

2. Der Kläger hat die Renovierungsarbeiten durch einen von ihm beauftragten Handwerker ausführen lassen. Den ihm dadurch entstandenen Kostenaufwand von 1.918 DM verlangt er von der Beklagten ersetzt. Er stützt seinen Anspruch auf §§ 3 Ziffer 4 und 25 Ziffer 5 des Mietvertrags. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, weil eine Aufforderung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen unter Fristsetzung und Ablehnungsandrohung nicht erfolgt ist.

Das AG Bruchsal hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Das LG Karlsruhe hält die in § 3 Nr. 4 des Vertrages vereinbarte Kostenerstattungspflicht für unwirksam. Die Kammer hat dem Senat durch Beschluß vom 28.05.1982 folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

Verstößt folgende Vereinbarung in einem Formularmietvertrag gegen § 9 AGBG:

„Sind bei Kündigung des Mietvertrages bis dahin notwendig gewordene Schönheitsreparaturen rückständig, so ist der Mieter noch vor dem Beendigungstermin zur Zahlung der Renovierungskosten an den Vermieter verpflichtet.”

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig.

1. Die Rechtsfrage betrifft ein Mietverhältnis über Wohnraum und ist von grundsätzlicher Bedeutung; denn die zu prüfende Klausel findet sich in einer Vielzahl von Mietverträgen. Wie die Kammer zutreffend dargelegt hat, ist die eindeutige gesetzliche Regelung des § 11 Nr. 4 AGBG auf einen vor dem 01.04.1977 abgeschlossenen Mietvertrag nicht anwendbar, die Vertragsklausel jedoch gemäß § 28 Abs. 2 AGBG an § 9 AGBG zu messen.

2. Ein Rechtsentscheid darüber, ob die Klausel mit § 9 AGBG vereinbar ist, liegt bisher nicht vor. Zwar wurde dem 9. Senat in Freiburg des erkennenden Gerichts in dem dem Rechtsentscheid vom 01.07.1981 (9 Re-Miet 1/81NJW 1981, 2823” Justiz 1981, 361 = OLGZ 1981, 466) zugrundeliegenden Ausgangsverfahren eine inhaltsgleiche Klausel zur Prüfung nach §§ 9, 11 Nr. 4 AGBG vorgelegt; der genannte Rechtsentscheid hat die hier gestellte Rechtsfrage jedoch nicht beantwortet. Sowohl der Entscheidungssatz als auch die Begründung nehmen nur zur Frage Stellung, ob dem Mieter die Verpflichtung zur Übernahme von Schönheitsreparaturen formularmäßig auferlegt werden kann. Allerdings hatte der 9. Senat, wie sich aus Aufbau und Inhalt der Begründung ergibt, offenbar gegen die Zulässigkeit der Klausel unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Bedenken. Da die Entscheidung jedoch nicht erkennen läßt, daß die hier vom Landgericht angesprochene Problematik erkannt und rechtlich erwogen worden ist, hat jener Rechtsentscheid die Vorlagefrage nicht beantwortet.

Auch der Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 10.03.1982 (NJW 1982, 1294) ist nicht einschlägig; denn er betrifft ausschließlich die anteilige Kostenerstattungspflicht des Mieters, wenn das Mietverhältnis vor Fälligkeit der Schönheitsreparaturen endet.

3. Das Landgericht hat ausreichend dargelegt, daß nach seiner für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit grundsätzlich maßgebenden Auffassung die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB hier ohne Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht gegeben sind und es daher auf die Beantwortung der Rechtsfrage ankommt.

III.

Der Senat sieht in Übereinstimmung mit dem Landgeri...

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