Verfahrensgang

AG Sinsheim (Entscheidung vom 07.02.2007; Aktenzeichen 20 F 211/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinsheim vom 7.2.2007 in der Form des Beschlusses vom 2.3.2007 (Az. 20 F 211/06) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Parteien haben am 14.2.2003 die Ehe geschlossen. Sie leben seit spätestens September 2005 getrennt. Der Ehemann ist 1963 und die Ehefrau 1964 geboren worden.

Für den Ehemann war es die zweite und für die Ehefrau die dritte Ehe.

Die Parteien haben mit notarieller Urkunde vom 11.2.2003 einen Ehevertrag geschlossen, in dem sie für den Fall der Scheidung den Versorgungsausgleich sowie den Zugewinnausgleich ausgeschlossen sowie grundsätzlich wechselseitig auf nachehelichen Unterhalts verzichtet haben. Sollte ein Ehegatten wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert sein, sollte ihm allerdings - gegebenenfalls dann auch wegen Hinderung an einer Erwerbstätigkeit wegen Alters - nachehelicher Unterhalt weiter zustehen.

Die Antragsgegnerin hat - außer für das Ehescheidungsverfahren als solchem - für die Folgesachen Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt Prozesskostenhilfe beantragt.

Das Amtsgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch für die Folgesachen zurückgewiesen, da es an der Wirksamkeit des notariellen Vertrages angesichts der Lebenssituation der Parteien bei Eheschließung keine Zweifel hatte.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie verweist darauf, dass der Ehevertrag, wenn er nicht unwirksam sei, zumindest an die Tatsache angepasst werden müsse, dass sie an einem Erschöpfungssyndrom erkrankt sei, so dass sie - sofern überhaupt - nur eingeschränkt erwerbsfähig sei.

Inzwischen ist die Ehe der Parteien ohne Regelung des Versorgungsausgleichs, des Zugewinnausgleichs sowie des nachehelichen Unterhalts mit Urteil vom 9.3.2007 rechtskräftig geschieden worden.

II.

Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat zutreffend die Erfolgsaussicht der Anträge der Antragsgegnerin zum Versorgungs- und Zugewinnausgleich sowie auf nachehelichen Unterhalt verneint, da der notarielle Vertrag der Parteien wirksam ist.

So hat der BGH wiederholt dargelegt (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601 und vom 25. Mai 2005 XII ZR 296/01 FamRZ 2005, 1444), dass die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterliegen und das geltende Recht einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten nicht kennt. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen dürfe indes nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Im übrigen wird man eine Rangabstufung vornehmen können, die sich vor allem danach bemisst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage und vor dem Hintergrund der damaligen gemeinsamen Lebensplanung der Ehegatten haben (vgl. dazu näher BGHZ 158, 81, 97 ff. = FamRZ 2004, 601, 605 und vom 25. Mai 2005 XII ZR 296/01 FamRZ 2005, 1444, 1446 und zuletzt BGH, Urteil vom 28.3.2007, XII ZR 130/04, Rdn. 14).

Ob aufgrund einer vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinbarung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen (BGH, Urteil vom 28.3.2007, XII ZR 130/04, Rdn. 15). Vorliegend liegt eine solche evident einseitige Lastenverteilung nicht vor. Zwar sind die wesentlichen Scheidungsfolgesachen in dem Vertrag ausgeschlossen worden, der Kerbereich ist aber insoweit gewahrt, als Betreuungsunterhalt bei Betreuung eines gemeinsamen Kindes weiter geschuldet sein sollte. Im Übrigen haben beide Parteien im mittleren Alter, voll im Leben stehend und berufstätig nach jeweils einer bzw. zwei gescheiterten Ehen die notarielle Scheidungsvereinbarung geschlossen. Beiden musste deshalb die Bedeutung und die Folge eines solchen Vertrages bewusst sei...

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