Leitsatz (amtlich)

Soweit eine aus der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses erhaltene Abfindung nicht zum Ausgleich des weggefallenen Arbeitsentgeltes benötigt wird, ist sie als Vermögensbestandteil anzusehen und als Zugewinn auszugleichen.

 

Normenkette

BGB §§ 1375, 1378

 

Verfahrensgang

AG Schwetzingen (Beschluss vom 26.07.2012; Aktenzeichen 2 F 76/11)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird Ziff. 3 des Beschlusses des AG - Familiengericht - Schwetzingen vom 26.7.2012 (Az.: 2 F 76/11) wie folgt abgeändert:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich i.H.v. 8.370,47 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.12.2012 zu zahlen. Der weiter gehende Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die weiter gehende Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin 3/5 und der Antragsgegner 2/5.

4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 21.000 EUR festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob eine an den Antragsgegner im Zusammenhang mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung güterrechtlich auszugleichen ist.

Die am ... 1975 geborene Antragstellerin und der am ... 1967 geborene Antragsgegner haben am ... 1996 die Ehe geschlossen, aus der der am ... 1999 geborene Sohn J. P. hervorgegangen ist. Seit der Trennung der Ehegatten im November 2009 lebt der Sohn bei der Mutter. Der Antragsgegner bezahlte seit der Trennung laufenden Kindesunterhalt i.H.v. 105 % des Mindestunterhalts i.H.v. 356 EUR (bis einschließlich September 2012), jedoch keinen Ehegattenunterhalt. Das AG hat auf den am 13.5.2011 dem Antragsgegner zugestellten Antrag der Antragstellerin mit dem insoweit am 22.12.2012 rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 26.7.2012 die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Die unter Ziff. 3 des Beschlusses vom 26.7.2012 getroffene Entscheidung über die Folgesache Güterrecht, wonach das AG den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs zurückgewiesen hat, ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Der Antragsgegner war bis 30.6.2011 bei der Firma H. AG & Co. KGaA, Standort H., beschäftigt. Er war firmenintern als Gabelstaplerfahrer qualifiziert und eingesetzt. Seine Arbeitgeberin kündigte das bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 4.2.2011 zum 30.6.2011 und stellte den Antragsgegner mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei. Zur Begründung heißt es im dortigen Schreiben:

"Die Kündigung kommt aus rein betrieblichen Gründen aufgrund von Planstellenkürzung und unter Auswahl des Sozialplanes vom 14.10.2010 zustande. Als Entschädigung für den Verlust Ihres Arbeitsplatzes erhalten Sie aufgrund des Sozialplanes eine Abfindung i.H.v. brutto 68.880 zahlbar im Austrittsmonat."

Dem war vorausgegangen, dass die ehemalige Arbeitgeberin des Antragsgegners am Standort H. betriebliche Veränderungen mit größeren Stellenstreichungen (bis zu 40 Arbeitsplätze) beabsichtigte. Sie schloss daher mit dem Betriebsrat des Standortes H. am 25.10.2010 eine Vereinbarung über einen Interessenausgleich. In dieser Vereinbarung heißt es u.a.:

"Zur Abmilderung der persönlichen Nachteile der einzelnen Mitarbeiter wird daher zwischen dem Unternehmen und dem Betriebsrat folgender Interessenausgleich und Handlungsleitfaden vereinbart.

1. Zielsetzung

Betriebsrat und Unternehmen stimmen darin überein, dass der Abbau der Arbeitsplätze sozialverträglich gestaltet werden muss, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.

Dies wird erreicht durch Wegfall von Leasing-Arbeitnehmern, interne Versetzungen auf frei werdende Stellen, vorzeitiges Ausscheiden ab Alter 55 und Aufhebungsverträge."

und unter:

"5. Aufhebungsverträge

Die Ausfertigung der Inhalte der Aufhebungsverträge erfolgen nach den bisherigen Standards des Unternehmens. Die Tatsache, dass zur Berechnung des Monatslohnes die Zeiten der Wirtschaft- und Finanzkrise einen Einfluss auf das Einkommen haben, gibt Anlass in die Berechnung alle Bezüge des Mitarbeiters einzubeziehen. Der Monatslohn berechnet sich wie folgt:

Monatslohn = 12 × Monatseinkommen (Tarifentgelt + übertarifliche Zulagen) + Weihnachtsgeld

+ Urlaubsgeld

+ EVV = 90 % monatliches Brutto

Summe: 12

Betriebsrat und Unternehmen sind sich darin einig, dass gerade Mitarbeiter mit kleinen und mittleren Einkommen betroffen sind. Daher wird ein Grundbetrag und der Faktor der Berechnungsformel relativ hoch bewertet. Hierdurch wird auch die Akzeptanz und Bereitwilligkeit zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages verbessert werden. Die Berechnung der Abfindungssumme berechnet sich nach der Formel:

Der Grundbetrag staffelt sich wie folgt:

Mitarbeiter der Entgeltgruppen E1 - E 6 7.000 EUR

Daraus leitet sich folgende Abfindungsformel ab:

Grundbetrag EUR + Betriebszugehörigkeit × Monatslohn × 1,1.

Schließt der Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag innerhalb 4 Wochen nach Eröffnung des...

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