Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 5 C 1848/89)

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 3 S 250/89)

 

Tenor

Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Vermieter einer Wohnung dürfen sich auf berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S. des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 S 1 BGB (Eigenbedarf) ohne Rücksicht auf die in Satz 2 der Vorschrift bestimmte Wartefrist berufen, wenn sie nach Überlassung der Wohnung an den Mieter das Hausgrundstück in Gesellschaft bürgerlichen Rechts erworben und durch Gesellschaftsvertrag vereinbart haben, daß jedem Gesellschafter an je einer Wohneinheit ein ausschließliches Nutzungsrecht zusteht.

 

Tatbestand

I.

Aufgrund eines mit dem damaligen Eigentümer abgeschlossenen Mietvertrags bewohnen die Beklagten seit 01.07.1985 eine Wohnung in dem Mehrfamilienhaus …. Die Kläger verlangen Räumung und Herausgabe dieser Wohnung.

Mit Kaufvertrag vom 20.12.1988 kaufte der Kläger Ziff. 4 das Hausgrundstück. Zusammen mit den Klägern Ziff. 1 bis 3 gründete er mit notariellem Vertrag vom 13.02.1989 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zweck des Kaufs, der Verwaltung und der wohnlichen Nutzung dieses Grundstücks. In diesem Vertrag wurden die einzelnen Wohnungen einzelnen Gesellschaftern zur alleinigen und ausschließlichen Benutzung zugewiesen, die Mietwohnung der Beklagten dem Erstkläger. Im Falle einer Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter soll die Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt werden. Das Grundstück wurde auf die Kläger – diese in Gesellschaft bürgerlichen Rechts – aufgelassen und der Eigentumswechsel am 31.03.1989 im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 03.04.1989 kündigten die Kläger den Beklagten das Mietverhältnis unter Hinweis auf Eigenbedarf des Erstklägers.

Durch Urteil vom 05.07.1989 hat das Amtsgericht der auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Klage wegen Eigenbedarfs des Erstklägers stattgegeben. Mit der Berufung hiergegen begehren die Beklagten Klagabweisung.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 07.12.1989 nach Art. III 3. MietRÄndG folgende Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat zur Entscheidung vorgelegt:

Darf eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als Vermieter für einen der Gesellschafter unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 564 b Abs. 2 S. 1 BGB (Eigenbedarf) vor Ablauf der in § 564 b Abs. 2 BGB bestimmten Wartefrist kündigen, wenn diese nach Überlassung der Wohnung an den Mieter das Hausgrundstück in Miteigentumsgemeinschaft erworben hat und durch Gesellschaftsvertrag vereinbart wird, daß jedem Gesellschafter an je einer Wohneinheit ein ausschließliches Nutzungsrecht zusteht?

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig.

Der Senat beantwortet die Vorlagefrage wie aus der Eingangsformel ersichtlich.

Nach § 564 b Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB kann der Erwerber einer vermieteten Eigentumswohnung das Mietverhältnis nicht vor Ablauf von 3 Jahren seit Veräußerung der Wohnung an ihn wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn das Wohnungseigentum nach Überlassung der Wohnräume an den Mieter begründet und veräußert worden ist.

Diese Vorschrift ist auf eine Fallgestaltung wie die vorliegende nicht entsprechend anzuwenden.

Die Bestimmung setzt voraus, daß Wohnungseigentum gebildet und als Wohnungseigentum veräußert wird. Das Landgericht hält die Zuweisung einzelner Wohnungen zur ausschließlichen Benutzung an einzelne Gesellschafter einer Eigentümergesellschaft für vergleichbar mit der Bildung von Wohnungseigentum und der Übertragung einzelner Wohnungen an einzelne Eigentümer und hält es für geboten, bei Anwendung der Kündigungsschutzvorschrift des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB eine solche Benutzungszuweisung gleichzusetzen mit der Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG. Folgerichtig setzt sich das Landgericht mit dem Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 26.03.1987 (RES § 564 b BGB Nr. 38) auseinander. Hier hat das Kammergericht entschieden, daß eine Veräußerung als Wohnungseigentum i.S. der – insoweit § 564 b Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB entsprechenden – Bestimmung des § 11 des XII. BMG nicht vorliege, wenn ein Hausgrundstück von mehreren in Bruchteilsgemeinschaft erworben worden ist und die Erwerber sodann das Eigentum am Grundstück gem. § 3 WEG in der Weise unter sich in Wohnungseigentum aufgeteilt haben, daß sie mit jedem ihnen zustehenden Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung verbunden haben (so u.a. auch Emmerich/Sonnenschein, Miete, 5. Aufl., Rdn. 51 zu § 564 b BGB; Münchn.Komm., 2. Aufl., Rdn. 62 zu § 564 b BGB; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, IV 76). Folgt man dieser Auffassung, dann scheidet – auch wenn die Bildung von in der vorliegenden Weise gebundenem Gesamthandseigentum der Bildung von Wohnungseigentum gleichgesetzt wird – eine Analogie von vornherein aus, weil die Begründung dieser Art von Gesamthandseigentum mit dem Eigentumserwerb zusammenfällt und danach keine weitere ...

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