Leitsatz (amtlich)

Bei der Bemessung der Strafe wegen unerlaubten Besitzes ausschließlich zum Eigenverbrauch bestimmter Betäubungsmittel geringster Menge ist auch im Falle eines einschlägig vorbestraften, bewährungsbrüchigen Täters das Übermaßverbot in besonderem Maße zu beachten.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Entscheidung vom 28.11.2002)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 28. November 2002 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Mannheim zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Strafrichter - Mannheim verurteilte den Angeklagten am 05.06.2002 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Tatzeit: 31.01.2002) zu der Freiheitsstrafe von zwei Monaten. Seine hiergegen erhobene Berufung beschränkte der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht - 12. Kleine Strafkammer - Mannheim auf den Rechtsfolgenausspruch. Die Strafkammer, die die Beschränkung des Rechtsmittels als unwirksam erachtete, verwarf nach erneut durchgeführter Beweisaufnahme mit Urteil vom 28.11.2002 die Berufung des Angeklagten als unbegründet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision; er beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,

die Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Das Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

II.

Hinsichtlich des Schuldspruchs bleibt die Revision ohne Erfolg. Die aufgrund der insoweit nur allgemein erhobenen Sachrüge gebotene Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Mit Recht hat die Strafkammer die Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch des amtsgerichtlichen Urteils als unwirksam erachtet und eigene Feststellungen nicht nur zu der Betäubungsmittelmenge, sondern auch zum Mindestwirkstoffgehalt getroffen (vgl. etwa Senat B. v. 30.09.2002 - 3 Ss 139/02 - im Falle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln; vgl. auch BayObLG NStZ 2000, 210 im Anwendungsbereich des § 29 Abs. 5 BtMG). Diese tragen den Schuldspruch wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG). Insoweit erweist sich das Rechtsmittel des Angeklagten als offensichtlich unbegründet i. S. d. § 349 Abs. 2 StPO. Der Schuldspruch des amtsgerichtlichen Urteils ist mithin in Rechtskraft erwachsen.

III.

Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils hält indes der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann im Allgemeinen nur eingreifen, wenn Erwägungen, mit denen der Tatrichter Strafart und Strafmaß begründet hat, in sich rechtlich fehlerhaft sind, wenn er rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht lässt oder wenn sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 24, 132), d. h. , wenn die Strafe in einem groben Missverhältnis zu Tatunrecht und Tatschuld steht und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt. Das aus diesem Grundsatz abgeleitete, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Übermaßverbot besitzt Verfassungsrang und setzt auch dem Strafanspruch des Staates im Einzelfall Grenzen (vgl. OLG Karlsruhe Die Justiz 1997, 29 = StV 1996, 675 = NStZ - RR 1997, 248 bei einem Betäubungsmitteldelikt; vgl. auch OLG Stuttgart Die Justiz 2003, 19 und OLG Braunschweig NStZ-RR 2002, 75 jeweils zu Fällen des Diebstahls geringwertiger Sachen). So liegt die Sache hier.

Die Strafkammer geht zutreffend davon aus, dass es sich bei der von dem Angeklagten besessenen Rauschgiftmenge (0, 21 g netto Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 6, 9 % (0, 0145 g Amphetaminbase); 3, 8 g brutto Marihuana und 0, 8 g brutto Haschisch von jeweils schlechter Qualität mit einem THC-Gehalt von 3 bis 5 %) um eine "geringe Menge" i. S. d. § 29 Abs. 5 BtMG handelt (Körner BtMG 5. Aufl. 2001 § 29 Rdnrn. 1657, 1660). Zu Gunsten des Angeklagten ist auch angeführt, dass die sichergestellten Betäubungsmittel ausschließlich zu dessen Eigenverbrauch bestimmt waren, er die Tat gestanden und im Verlauf der Hauptverhandlung seine - von der Strafkammer als ernsthaft eingeschätzte - Bereitschaft erklärt hat, sich einer psychiatrischen Behandlung zur Bekämpfung seiner Betäubungsmittelabhängigkeit zu unterziehen. Die sachverständig beratene Strafkammer stellt außerdem fest, dass die Schuldfähigkeit des zur Tatzeit 35 Jahre alten Angeklagten, der seit 20 Jahren Haschisch raucht und daneben gelegentlich Amphetamin konsumiert, aufgrund ei...

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