Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert einer negativen Feststellungsklage nach Widerruf eines Verbraucherdarlehns; Berücksichtigung der freizugebenden Sicherheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem Widerruf eines Verbraucherdarlehens bestimmt sich der Streitwert einer negativen Feststellungsklage in der Regel allein nach der Summe der vom Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, NJW 2016, 2428; Senat, JurBüro 2017, 366).

2. Die Verbindung der Feststellungsklage mit dem Antrag auf Freigabe einer Sicherheit führt nicht zur Addition der Streitwerte beider Anträge. Es handelt sich um einen Fall der wirtschaftlichen Identität, für den gemäß § 5 ZPO ein Additionsverbot gilt (entgegen BGH, Beschluss vom 04.03.2016 - XI ZR 39/15 -, Rn. 4, zitiert nach Juris).

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 5

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen T 5 O 241/16)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts vom 14.03.2017 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das Verfahren vor dem Landgericht auf 110.864,00 EUR festgesetzt wird.

2. Die weitergehende Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien schlossen am 19.02.2007 einen Vertrag über ein Verbraucherdarlehen ab. Die Beklagte gewährte dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 125.000,00 EUR. Als Sicherheit bestellte der Kläger eine Grundschuld für die Beklagte in Höhe des Darlehensbetrages. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2016 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag, da die Widerrufsbelehrung der Beklagten bei Abschluss des Vertrages nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt habe. Vorprozessual hat der Kläger zur Rückführung des Darlehens insgesamt Zahlungen (Zins und Tilgung) in Höhe von 110.864,00 EUR geleistet.

Mit seiner Klage zum Landgericht Konstanz hat der Kläger folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag vom 19.02.2007 Nr. 60604042534 DE 19692560356004042534 über einen Auszahlungsbetrag von 125.000,00 EUR durch den Widerruf des Klägers vom 07.03.2016 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die vom Kläger im Zuge der Darlehensgewährung bestellte Grundbuchgrundschuld über 125.000,00 EUR (Wohnungs-Grundbuch von R., Blatt 4767 erstrangig, Teileigentums-Grundbuch von R., Blatt 4787 erstrangig, Sicherheitengeber J. M.) zurückzugewähren Zug um Zug gegen Zahlung von 36.052,90 EUR.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme der Gegenleistung gemäß Klageantrag zu 2 im Verzug der Annahme befindet.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klage sei unbegründet. Dennoch hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung darauf hingewiesen, sie erkenne "freiwillig und überobligatorisch an, dass ein Rückgewährschuldverhältnis entstanden" sei. Sie biete die Rückabwicklung ausdrücklich an. Die Beklagte erklärte sich zu einer abschließenden Regelung - einschließlich einer Freigabe der Grundschuld - gegen Zahlung des Klägers in Höhe von 57.327,34 EUR bereit.

In der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2017 schlossen die Parteien einen Vergleich, in welchem der Kläger sich zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 50.000,00 EUR, Zug um Zug gegen Rückgewähr der Grundschuld verpflichtete. Mit dem Vergleich sollten sämtliche Ansprüche zwischen den Parteien abgegolten werden. Den Streitwert für das Verfahren setzte das Landgericht mit Beschluss vom 14.03.2017 auf 235.864,00 EUR fest.

Gegen die Streitwertfestsetzung richtet sich die Beschwerde des Klägers. Der Streitwert betrage lediglich 57.327,34 EUR; denn die Beklagte habe von Beginn des Verfahrens an nicht mehr als diesen Betrag vom Kläger für eine endgültige Regelung verlangt. Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 26.05.2017 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung vorgelegt. Der Streitwert für den Feststellungsantrag ergebe sich aus den vom Kläger geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen bei Klageerhebung. Für den Antrag auf Freigabe der Grundschuld sei ein zusätzlicher Wert in Höhe des Nominalbetrags der Grundschuld anzusetzen. Die Addition der beiden Beträge ergebe den Wert in Höhe von 235.864,00 EUR.

Die Parteien hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Der Streitwert für das Verfahren vor dem Landgericht beträgt 110.864,00 EUR.

1. Maßgeblich für die Wertfestsetzung ist der Antrag Ziff. 1 (Feststellungsantrag). Der Streitwert richtet sich gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach freiem Ermessen des Senats. Entscheidend sind die mit dem Antrag verfolgten wirtschaftlichen Interessen des Klägers. Nach dem Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages ist der Wert eines Feststellungsantrags, mit dem die Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis festgestellt werden soll, grundsätzlich mit der Summe...

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