Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Umgangsrecht des rein biologischen (nicht rechtlichen) Vaters

 

Leitsatz (amtlich)

Der nur biologische - nicht rechtliche - Vater hat kein Umgangsrecht mit seinem biologischen Kind, wenn zwischen ihm und dem Kind keine sozial-familiäre Beziehung und kein sozial-familiäres Band besteht.

 

Normenkette

BGB §§ 1684-1685; GG Art. 6; EMRK Art. 8

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Beschluss vom 27.09.2006; Aktenzeichen 6 F 27/06 (UG))

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des AG - FamG - Baden-Baden vom 27.9.2006 aufgehoben und der Antrag des Antragstellers auf Regelung des Umgangs mit den Kindern R. und J. Baro, beide geboren am 4.12.2005, zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Die Beschwerdentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I. Der Antragsteller (Beteiligter Ziff. 1), der aus Nigeria stammt, lebt als Asylbewerber in Deutschland. Die Ausländerbehörden haben sein Aufenthaltsrecht abgelehnt; in einem hiergegen gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat er am 13.6.2006 mit dem Land Baden-Württemberg einen Vergleich dahingehend erzielt, dass das Land längstens zunächst bis Ende Juli 2006 im Hinblick auf das familiengerichtliche Verfahren auf eine Abschiebung verzichtet. Von einer am 30.10.2006 vorgesehenen Abschiebung hat das Land zunächst Abstand genommen.

Die Beteiligte Ziff. 2 lernte den Antragsteller im Jahre 2003 kennen. Aus der anschließenden Liebesbeziehung zu ihm gingen die beiden am ... 2005 als Zwillinge geborenen Kinder R. und J. hervor. Die Abstammung der beiden Kinder vom Antragsteller ist außer Streit.

Die Beteiligte Ziff. 2 ist mit dem Beteiligten Ziff. 3 verheiratet und war dies auch bei der Geburt der beiden Kinder. Die Beteiligten Ziff. 2 und 3, die Antragsgegner, haben bereits drei Kinder, D., S. und L., die derzeit zwischen 6 und 10 Jahren alt sind. Die Antragsgegner leben mit allen fünf Kindern zusammen. Sie teilen sich die Versorgung und Pflege der beiden Zwillinge.

Der Antragsteller begehrt die Einräumung des Umgangs mit seinen Kindern.

Er habe ein Recht auf den Umgang mit seinen Kindern. Dieses könne nur dann längerfristig gesichert werden, wenn er sich in Deutschland aufhalten könne. Um seine Abschiebung zu verhindern und damit den späteren Kontakt zu den Kindern erst zu ermöglichen, sei es erforderlich, schon jetzt im frühen Alter der Kinder eine tatsächliche Beziehung zu begründen. Für ihn stehe aber nicht die Aufenthaltssicherung, sondern der Kontakt mit seinen Kindern im Vordergrund. Der Kontakt zu dem leiblichen Vater sei das Recht der Kinder; daher entspreche der Umgang mit ihm auch deren Wohl.

Die Antragsgegner lehnen das Umgangsbegehren ab.

Dem Antragsteller gehe es mit seinem Antrag in erster Linie darum, sich ein Bleiberecht in Deutschland zu erhalten. Dies ergebe sich deutlich aus dem Schreiben des Antragstellers vom 8.8.2005, in dem er angeboten habe, auch in eine andere Stadt zu ziehen, wenn man ihm nur die Vaterschaft zu den Kindern gebe.

Der Beteiligte Ziff. 3 sei nach dem Gesetz der Vater der Zwillinge. Er kümmere sich gemeinsam mit seiner Ehefrau um ihr Wohl. Es sei zu befürchten, dass die ganze Familie, auch die drei älteren Kinder, unter weiteren Treffen mit dem Antragsteller leiden würden. Der Antrag diene damit nicht dem Erhalt einer sozial-familiären Beziehung, sondern berge vielmehr die Gefahr der Störung der familiären Beziehung der Kinder. Die beiden Zwillinge seien hellhäutig und hätten helle Haare, sie würden kaum begreifen können, was sie mit dem Antragsteller verbinde. Die Kinder sollten Umgang mit dem Antragsteller haben, wenn sie alt genug dafür seien.

Der Antragsteller verhalte sich bedrohlich. Er habe auf ein Foto von der Beteiligten Ziff. 2 einen Gegenstand, wohl einen schmiedetechnisch bearbeiteten gehämmerten Pfeil, so platziert, dass dieser auf das Herz der Beteiligten Ziff. 2 zeige, und dieses wiederum fotografiert. Nach Rücksprache mit einem Bekannten, der die Bräuche der westafrikanischen Naturvölker kenne, sei davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine Bedrohung handele und okkulte Bräuche dahinter stehen könnten.

Wegen der mit der Streitigkeit verbundenen Belastung habe die Mutter sich mittlerweile in ärztliche Behandlung begeben müssen.

Nach Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens hat das AG - FamG - Baden-Baden Umgang des Antragstellers mit den Zwillingen angeordnet, der monatlich für eine Stunde, zunächst im Rahmen begleiteten Umgangs, stattfinden solle. Der leibliche Vater habe ein Umgangsrecht nach § 1685 BGB. Zwar habe er bisher keine tatsächliche Verantwortung für die Kinder getragen; hierzu habe aber noch keine Möglichkeit bestanden, da die Kinder erst im Dezember 2005 auf die Welt gekommen seien. Daher könne ihm nicht per se das Umgangsrecht abgesprochen werden. Nach den Feststellungen der Sachverständigen diene es gerade wegen deren afro-deutscher Abstammung dem Wohl der Kinder, eine Beziehung zu ihrem leiblichen Vater aufzuba...

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