Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsgefahr bei einem Fahrzeugbrand durch Selbstentzündung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Fahrzeugbrand bei einem abgestellten Pkw durch einen technischen Defekt ausgelöst, ist der Brand "bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs" entstanden. Der Halter haftet gem. § 7 Abs. 1 StVG für den Schaden, der einem Dritten durch den Brand entsteht (BGH NJW 2014, 1182).

2. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr spielt es keine Rolle, auf welche Weise die Betriebseinrichtungen des Fahrzeugs die Selbstentzündung verursacht haben. An der Haftung ändert sich auch dann nichts, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Marderbiss die Elektrik des Pkw beschädigt hatte.

 

Normenkette

StVG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Beschluss vom 08.12.2014; Aktenzeichen 4 O 309/14 M)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Konstanz vom 8.12.2014 - M 4 O 309/14 - aufgehoben.

2. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwalt Z., M., bewilligt für die beabsichtigte Klage entsprechend dem Entwurf vom 22.9.2014. Der Antragsteller hat ab dem 1.5.2015 monatliche Raten i.H.v. 210 EUR an die Landeskasse zu zahlen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist Eigentümer eines Pkw Chevrolet Trailblazer. Am 20.7.2013 hatte der Antragsteller sein Fahrzeug auf dem allgemein zugänglichen Parkplatz einer Grundschule in M. abgestellt. Neben dem Fahrzeug des Antragstellers stand ein Pkw Opel Vectra, der sich im Eigentum des Vaters des Antragstellers befand. Der Pkw Opel Vectra geriet gegen 17:00 Uhr am 20.7.2013 in Brand. Das daneben stehende Fahrzeug des Antragstellers wurde durch das Feuer ebenfalls erheblich beschädigt.

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die für das Fahrzeug des Vaters des Antragstellers zuständige Haftpflichtversicherung. Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin außergerichtlich wegen des Schadens an seinem Fahrzeug zur Zahlung von Schadensersatz auf. Die Antragsgegnerin lehnte Zahlungen ab, da die Voraussetzungen einer Haftung ihres Versicherungsnehmers, des Vaters des Antragstellers, nicht gegeben seien.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.9.2014 hat der Antragsteller beim LG Konstanz die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin beantragt, mit welcher er Schadensersatzansprüche geltend machen möchte. Die Voraussetzungen einer Haftung seines Vaters gem. § 7 Abs. 1 StVG seien gegeben, so dass er auch einen Direktanspruch gegen die Antragsgegnerin als Haftpflichtversicherer geltend machen könne. Der Antragsteller hat folgende Anträge für die beabsichtigte Klage angekündigt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 6.013,33 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.143,18 EUR seit dem 28.8.2013 und aus 870,15 EUR seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Klägervertreter vorprozessuale Anwaltskosten i.H.v. 650,34 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorprozessualen Anwaltskosten i.H.v. 650,34 EUR freizustellen.

Die Antragsgegnerin ist dem Prozesskostenhilfeantrag entgegengetreten. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Mit Beschluss vom 8.12.2014 hat das LG Konstanz den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Es sei nicht damit zu rechnen, dass der Antragsteller die Voraussetzungen eines Haftungsanspruchs gem. § 7 Abs. 1 StVG in einem Hauptverfahren nachweisen könne. Die Brandursache sei streitig. Ein technischer Defekt am Fahrzeug des Vaters stehe nicht fest. Es komme - entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin - die Möglichkeit in Betracht, dass ein Marderbiss einen elektrischen Funken verursacht habe, was sodann zum Brand geführt habe. Aus dem Vorbringen des Antragstellers und aus angekündigten Beweisanträgen sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller diese Möglichkeit widerlegen könne. Bei einem Marderbiss als Brandursache seien die Voraussetzungen für eine Haftung gem. § 7 Abs. 1 StVG nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Er ist zum einen der Auffassung, Brandursache sei in jedem Fall ein technischer Defekt gewesen, für welchen die Antragsgegnerin gem. § 7 Abs. 1 StVG einzustehen habe. Auf die Ursache des technischen Defekts, insbesondere auf die Frage, ob ein Marderbiss den technischen Defekt ausgelöst habe, komme es aus Rechtsgründen nicht an. Außerdem könne ein Marderbiss aus tatsächlichen Gründen als Ursache für die Selbstentzündung des Fahrzeugs ausgeschlossen werden. Denn der Vater des Antragstellers habe schon vor längerer Zeit zum Schutz vor Marderbissen einen sog. Marderschreck in sein Fahrzeug eingebaut.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - vorgelegt. Die Part...

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