Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen von Schadensersatzansprüchen wegen Lieferung einer vertragswidrigen Schweineherde (hier: Infektion mit dem PRRS-Virus) nach Litauen.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 15.10.2009; Aktenzeichen 04 O 200/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.10.2009 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.533,90 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Nach § 540 Abs.1 Nr.1 ZPO wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil verwiesen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt. Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie behauptet, die Beklagte habe bei Vertragsschluss die Lieferung PRRS-Virus freier Tiere ausdrücklich zugesichert aber dementgegen infizierte Tiere geliefert. Die jedenfalls unstreitig erfolgte Zusage der Beklagten, Tiere aus klinisch PRRS-freien Betrieben zu liefern, habe das Landgericht unzutreffend dahin ausgelegt, dass lediglich die Lieferung von Tieren ohne erkennbare klinische Krankheitszeichen vereinbart worden sei. Die Beklagte habe sich jedoch durch die Zusage verpflichtet, nicht infizierte Tiere zu liefern. Unabhängig davon stelle die Lieferung infizierter Tiere eine mangelhafte Leistung dar. Infizierte Tiere könnten weder nach den in Litauen noch nach den in Deutschland geltenden Standards für die Zucht verwendet werden. Die Leistung der Beklagten sei aber auch aus anderen Gründen mangelhaft:

Die Beklagte habe abweichend von der bestellten Genetik "Large White" Sauen und einen Eber einer anderen Rasse geliefert. Außerdem habe die Beklagte die fehlerhaften Zuchtbescheinigungen nicht durch korrekte Bescheinigungen ersetzt. Die nachgereichten Zuchtbescheinigungen seien ebenfalls fehlerhaft, da nur die Ohrmarkennummern der betroffenen Tiere nicht aber die Zuchtdaten ausgetauscht worden seien. Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie unter Abänderung des angefochtenen Urteils 60.533,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 12.12.2007 sowie vorgerichtliche anteilige Rechtsanwaltskosten in Höhe von 892,44 € zu zahlen; hilfsweise das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Münster zurück zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Erklärungen der Parteien zu Protokoll verwiesen. Der Senat hat Beweis erhoben durch die Anhörung des Sachverständigen Dr. H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zur Sitzung vom 09.11.2010 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 60.533,90 € wegen einer nicht vertragsgemäßen Leistung aus Art.74, 45 Abs.1 lit.b, 35 Abs.1 und 2 CISG. Zutreffend geht das Landgericht von der Anwendbarkeit des sog. UN-Kaufrechts auf den vorliegenden Rechtstreit aus. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem grenzüberschreitenden Kaufvertrag. Die Anwendbarkeit des CISG folgt aus Art. 1 Abs.1 lit.a CISG. Zwar haben die Parteien in dem Kaufvertrag vom 14.04.2006 unter Art. 9 Nr.1 vereinbart, dass für ihre Rechtsbeziehungen deutsches Recht gelten soll. Dies führt aber gem. Art. 1 Abs.1 lit.b CISG zu keinem anderen Ergebnis. Das CISG ist Teil des deutschen Rechts. Es geht als Spezialgesetz für den internationalen Warenkauf dem deutschen Kaufrecht vor (BGH NJW 1999, 1260, Tz.13; Lurger in IHR 2005, 177, 178). Seine Anwendbarkeit ist weder durch Art. 2 lit. a- f CISG noch gem. Art. 6 CISG durch eine vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch gem. Art.35 Abs.1 und 2 CISG liegen nicht vor. Der Senat kann nicht feststellen, dass die Beklagte vertragswidrige Waren geliefert hat. Dahin stehen kann für die Entscheidung des Rechtstreits, ob die Beklagte an die Klägerin Schweine geliefert hat, die mit dem PRRS-Virus infiziert waren. Die Beklagte war nach dem Kaufvertrag vom 14.04.2006 lediglich verpflichtet, klinisch PRRS-freie Tiere zu liefern. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nachgekommen. Unstreitig waren sämtliche der gelieferten Tiere bei ihrer Ablieferung am 11.10.2006, also bei Gefahrübergang gem. Art.67 Abs.1 S.2 CISG, äußerlich gesund.

a) Die Beklagte hat nicht entgeg...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge