Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 24.11.1994; Aktenzeichen 1 O 241/94)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 24. November 1994 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 3.500,00 DM sowie 60,00 DM an materiellen Schaden, jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem 25.07.1994, zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 01.09.1992 in Höhe von 50 % zu ersetzen, den materiellen Schaden jedoch nur, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 36 % und die Beklagte 64 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 26 % und die Beklagte zu 74 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Kläger in Höhe von 1.500,00 DM und die Beklagte von 4.310,00 DM.

Die Kosten der Streithelferin tragen der Kläger zu 26 % und die Streithelferin zu 74 % (§ 101 ZPO).

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.

Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils dazu, daß die Beklagte aufgrund des Unfalls vom 1. September 1992 an den Kläger ein Schmerzensgeld von 3.500,00 DM sowie 60,00 DM an materiellen Schaden; jeweils nebst Zinsen, zu zahlen hat und daß dem Feststellungsantrag hinsichtlich der Zukunftsschäden des Klägers in Höhe von 50 % zu entsprechen ist. Im übrigen bleibt es bei der Abweisung der Klage.

I.

Die beklagte Bundesrepublik ist dem Kläger gemäß §§ 831, 847 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, weil die Verrichtungsgehilfen der Beklagten die der Beklagten als Bauherrin obliegende Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt haben, daß sie die von der Firma … vorgenommene Absicherung der Schachtöffnung im Bereich der Arbeitsstelle des Klägers nicht auf ihre Ordnungsgemäßheit überprüft haben. Weil der Kläger den Sturzunfall jedoch durch sein eigenes Verhalten mitverursacht hat, muß er gemäß § 254 BGB eine Anspruchsminderung hinnehmen, die der Senat mit 50 % bemißt.

1.

Aufgrund der glaubhaften Aussagen des Zeugen … steht zur sicheren Überzeugung des Senates fest, daß der Kläger, der auf der von der Beklagten betriebenen Baustelle der Schleuse … gemeinsam mit dem Zeugen … für seinen Arbeitgeber (Firma …) Installationsarbeiten auszuführen hatte, am 1. September 1992 durch eine nicht ordnungsgemäß gesicherte Schachtöffnung in einen etwa 6 bis 7 m tiefen Schleusenkanal gestürzt ist und dadurch die von ihm vorgetragenen Verletzungen erlitten hat. Der Zeuge … hat laut seiner Bekundung das Hineinfallen des Klägers in den Schacht zwar nicht beobachtet, weil er zu diesem Zeitpunkt dem Kläger den Rücken zugewandt hatte. Er hat aber den ganzen Tag über gemeinsam mit dem Kläger in der Nähe der Schachtöffnung Installationsarbeiten ausgeführt und ist gegen Ende der Arbeitszeit plötzlich durch ein Stöhnen des Klägers aufmerksam geworden. Er hat dann bemerkt, daß die Schachtabdeckung verschoben war und der Kläger in dem sonst geschlossenen und übersichtlichen Raum nicht mehr zu sehen war, so daß für den Zeugen wegen der aus dem Schleusenkanal hervordringenden Stöhngeräusche kein Zweifel daran bestanden hat, daß der Kläger in den Schachtkanal gestürzt war, obwohl er den Kläger auf dem ca. 7 m tiefen Boden des Schleusenkanals nicht hat sehen können, weil es in dem Schleusenkanal stockfinster gewesen ist. Der Zeuge … ist dann zum Schleusentor gelaufen, um Hilfe herbeizurufen. Bei seiner Rückkehr in den Arbeitsraum hat er sodann bemerkt, wie der Kläger aus der Schachtöffnung hervorkam. An der Richtigkeit der Zeugenaussage des Zeugen … zu zweifeln, besteht für den Senat kein begründeter Anlaß. Der einfach strukturierte Zeuge hat bei seiner Vernehmung einen durchaus glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und keinerlei Belastungstendenzen erkennen lassen. Er hat vielmehr eigenes Fehlverhalten nicht in Abrede gestellt, sondern ohne Zögern eingeräumt. Der Senat ist daher davon überzeugt, daß er das Unfallgeschehen so geschildert hat, wie er es am Unfalltage erlebt und bei der Vernehmung noch in Erinnerung hatte. Daß die Verletzungen des Klägers auf einen anderen Unfall zurückzuführen sind, etwa durch einen Sturz auf den die Öffnung umgebenden Stahlrahmen, hat nach der Überzeugung des Senates als nur theoretische Möglichkeit auszuscheiden. Der Zeuge … hätte dann eine bewußt wahrheitswidrige Unfallschilderung geben müssen. Dies traut der Senat dem Zeugen …, der sich erkennbar um wahrheitsgemäße Angaben bemüht hat, nicht zu. Auch der Umstand, daß der Kläger bei dem immerhin ca. 7 m tiefen Sturz nur verhältnismäßig geringe Verletzungen (Schädelprellung und Prellung der Lendenwirbelsäule mit Deckplattenfraktur der oberen Lende...

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