Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 09.01.2014; Aktenzeichen 8 O 120/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.01.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht der L AG von der Beklagten, einem Unternehmen für Verkehrssicherung an Baustellen, aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes Erstattung von Kaskoaufwendungen, die deshalb entstanden sind, weil die Zedentin den ihrer Versicherungsnehmerin M durch das Umfallen eines von der Beklagten aufgestellten Verkehrsschildes am 07.12.2011 um 11.50 Uhr auf der C-Straße in C2 am PKW VW Golf entstandenen Schaden ersetzt hat.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Das LG hat nach uneidlicher Vernehmung der Zeugin M der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 5.369,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 12.06.2013 an die Klägerin verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt habe, weil sie die Standfestigkeit des mobilen Verkehrsschildes nicht ausreichend kontrolliert habe. Zumal seinerzeit heftiger Wind geherrscht habe, sei die Beklagte nach den technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen (ZTV-SA 1997) zu einer Kontrolle zweimal täglich sowohl bei Tagesanbruch als auch nach Eintritt der Dunkelheit verpflichtet gewesen. Diese Bedingungen stellten zwar keine Rechtsnormen dar, gäben jedoch die herrschende Verkehrsauffassung wieder. Die Beklagte habe die am Morgen des Tages gebotene Kontrolle versäumt. Aufgrund der Regeln des Anscheinsbeweises sei davon auszugehen, dass die Sicherung des Schildes durch das eingelegte Gewicht zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichend gewesen sei, weil es ohne weiteres Zutun Dritter umgefallen sei. Den seinerzeit herrschenden Böen bis zu 10 Beaufort hätte das Schild standhalten müssen.

Mit der Berufung vertritt die Beklagte die Auffassung, dass eine Kontrollfahrt am Tag ausreichend gewesen sei, welche sie vorliegend 15 bis 16 Stunden vor dem Schadensereignis vorgenommen habe. Das Schild sei an einer innerörtlichen Straße in einem Bereich aufgestellt gewesen, in dem sonst keine Baustelle vorhanden gewesen sei. Die ZTV-SA 1997 sei im Verhältnis zwischen Auftraggeber und ihr vereinbart worden und habe keine Außenwirkung. Das LG habe versäumt, ihrem Beweisantritt nachzugehen, dass das Verkehrsschild entsprechend der vorgeschriebenen Standsicherheitsklasse 6 durch 8 Fußplatten ordnungsgemäß - auch gegen Sturm - gesichert gewesen sei.

Die Beklagte beantragt, das am 09.01.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Essen abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen.

Mit Verfügung vom 13.03.2015 hat der Senat beide Parteien auf bestehende Bedenken hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten hingewiesen. Hierzu haben beide Parteien schriftsätzlich Stellung genommen. Auf die Ausführungen in ihren Schriftsätzen wird verwiesen. Darüber hinaus hat die Beklagte die verkehrsrechtliche Anordnung der Stadt C2 vom 24.11.2011 nebst Lageplan vorgelegt. Auf diese Unterlagen (Bl. 168 ff.) wird ebenfalls ergänzend verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht der L AG aufgrund des Schadensfalles vom 07.12.2011 kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu. Dabei kann dahinstehen, ob das Umfallen des Verkehrsschildes und die Beschädigung des PKW der Zeugin M auf eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte zurückzuführen ist. Denn die Klage scheitert bereits daran, dass die Beklagte hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruches nicht passivlegitimiert ist.

Aufgrund des Umstands, dass im vorliegenden Fall die Beklagte als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn anzusehen ist, trifft die Verantwortlichkeit für eine etwaige Verkehrssicherungsverletzung gemäß Art. 34 S. 1 und 2 GG allein die Körperschaft, in deren Dienst die Beklagte tätig geworden war, im vorliegenden Fall also die Stadt C2. Ihre Haftung gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB verdrängt als vorrangige Spezialregelung die unmittelbare Verantwortlichkeit der Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Die Haftung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft sperrt damit die unmittelbare Haftung...

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