Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 2 O 134/16)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.04.2021; Aktenzeichen VIII ZR 49/19)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten und des Streithelfers des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streithelfers des Beklagten hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Pferdekaufvertrags und macht gegen ihn weitere Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche geltend.

Die im Reitsport engagierte Klägerin betreibt in England ein großes Gestüt namens "Y", auf dem sie verschiedene Pferde hält und regelmäßig Wettkämpfe sowie Reitlehrgänge ausrichtet. Die Verwaltung ihres Vermögens hat sie einem Herrn B aus der Schweiz übertragen. Ihre Dressurpferde erwirbt sie regelmäßig mithilfe des erfahrenen Berufsreiters Herrn G. Pferde, die sich für die von ihr geplanten Sporteinsätze aus gesundheitlichen oder charakterlichen Gründen nicht eignen, veräußert sie als Reit- oder Zuchtpferde.

Der Beklagte führt zweimal jährlich Pferdeversteigerungen in L durch, die von dem Zeugen C als Auktionator geleitet werden. Vor ihrer Aufnahme in das Auktionslot werden alle Pferde einer Ankaufsuntersuchung einschließlich einer bestimmten Anzahl an Röntgenbildern unterzogen und von dem Zeugen Dr. D sowohl während der Vorbereitungszeit als auch am Auktionstag mittels eines sog. Vet-Checks tiermedizinisch betreut.

Zum Auktionssortiment der Herbstauktion 2015 zählte die von dem Streithelfer gezogene, damals dreijährige Stute "X", die zunächst für eine Versteigerung des Beklagten im Frühjahr 2015 vorgesehen, dann aber aus zwischen den Parteien streitigen Gründen zurückgezogen worden war. Den Beritt des als Siegerstute ausgezeichneten Pferdes nahm ab Anfang August 2015 der Zeuge Y als Chefbereiter des Beklagten vor, der es u.a. auf einem Werbevideo in Szene setzte. Vor der Auktion wurde "X" verschiedentlich öffentlich präsentiert und von mehreren Kunden einschließlich Herrn G, der für die Klägerin einen geeigneten Dressuraspiranten suchte, anstandslos probegeritten. Sowohl die Ankaufsuntersuchung als auch sämtliche tierärztliche Kontrollen blieben laut dem Zeugen Dr. D ohne Befund.

Am Auktionstag, dem 04.10.015, ersteigerte Herr G das Pferd unter zwischen den Parteien streitigen Umständen für die Klägerin zu einem Preis von 100.000,00 Euro netto. Neben dem Kaufpreis einschließlich der Umsatzsteuer von 19.000,00 Euro stellte der Beklagte der Klägerin seine Kommissionsgebühr, einen Versicherungsbeitrag sowie eine Auslandspauschale in Höhe von insgesamt weiteren 8.520,00 Euro brutto in Rechnung. Nachdem die Klägerin sämtliche Forderungen beglichen hatte, blieb das Tier für die folgenden vier Tage beim Beklagten und wurde vom Zeugen Y geritten. Am 08.10.2015 wurde es von einem Spediteur abgeholt und am nächsten Tag in zwischen den Parteien streitigem Zustand bei der Klägerin gegen Transportkosten von 2.618,00 Euro abgeliefert.

Nachdem Herr G den Beklagten per Email vom 17.10.2015 über eine angebliche Lahmheit des Pferdes informiert hatte, veranlasste der Beklagte eine Untersuchung des Tieres durch den Zeugen Dr. D vor Ort. Laut dessen Bericht vom 17.11.2015 zeigte "X" eine geringfügige Lahmheit auf dem Zirkel, die er einer Weichteilentzündung zuschrieb und als gut heilbar einschätzte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.12.2015 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Es entspann sich eine schriftliche Korrespondenz mit dem Beklagten, der zunächst die von dem Zeugen Dr. D berechneten Untersuchungskosten übernahm und mit Schreiben vom 23.12.2015 eine Reduzierung des Kaufpreises auf 75.000,00 Euro anbot. Die Klägerin lehnte diesen Vorschlag ab und erklärte mit einem Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 08.03.2016 erneut den Vertragsrücktritt. Am 17.03.2016 wies der Beklagte ihre Forderungen zurück.

Nach Erhebung der Klage am 15.06.2016 forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 07.02.2017 - wenngleich vergebens - "vorsorglich" zur Nacherfüllung auf.

Die Klägerin hat behauptet, das Pferd habe seit seiner Ankunft bei ihr eine deutliche Lahmheit gezeigt, die zumindest latent schon am Auktionstag vorhanden und der Grund für den Rückzug des Pferdes aus der Frühjahrsauktion 2015 gewesen sei. In diesem Zusammenhang hat sie gemeint, zu ihren Gunsten streite die in § 476 BGB a.F. statuierte Beweislastumkehr, da sie das Pferd als Verbraucherin gekauft habe. Hierzu hat sie unter Vorlage verschiedener Steuerunterlagen sowie eidesstattlicher Versicherungen ihres Vermögensverwalters und ihres Steuerberaters (Bl. 336, 338 d....

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